#ffffff+1 – Erkenntnisse im Rückspiegel
Ein Monat ohne Fernsehen und Facebook mit der ganzen Familie
<PATHETIC>Auf der Suche nach der besonderen Farbe hinter dem Weiß haben wir den Februar 2013 zu Freises freiwilliger Fernseh-freier Familien-Februar, zum #ffffff gemacht.</PATHETIC>.
Hinter uns liegen 28 Tage, hinter mir sogar noch ein paar mehr ohne Fernsehen, ohne Facebook.
Hinter uns liegt ein lebendiges Experiment und das ist nun total am Ende.
Während der Uhren Ticken habe ich diesen, folgenden Beitrag nach und nach als fließendes Protokoll erstellt und festgehalten, was zum jeweiligen Zeitpunkt dessen würdig erschien.
Ich hatte ja Zeit …
Nach 24 Stunden
29. Jan 2013
Sofort wurde alles ruhiger. Alles wurde ruhiger. Morgens, mittags, abends. Bereits nach 24 Stunden stellte ich glasklar fest: alles ist ruhiger. Das wollte ich so gerne teilen, sharen, mit Euch. Das wollte ich posten. Verrückt.
Erkenntnis: Es wird ruhiger. Sofort.
Ohne Fernsehen ist übrigens toll.
Nach 2 Tagen
30. Jan 2013
Es ist schön, die Ideen und Bilder für mich zu behalten und nicht so viel zu teilen. Da verlierst Du nix durch. Ideen und Bilder kommen trotzdem. Und ohne Facebook ist genauso leicht wie ohne Zigarette Lucky Strike vor 12 Jahren. Ha.
Und jetzt geht es richtig los – 01.02.13
Ab heute die ganze Familie. Während ich bereits seit 4 Tagen Fernsehen und Facebook konsequent ausweiche, startet heute erst offiziell unser #ffffff – Freises freiwilliger Fernseh-freier Familien-Februar. Der erste Abend bietet noch keine Erkenntnisse, außer das es echt nichts besonderes ist, die Kiste einfach mal auszulassen.
Da ich aber grundsätzlich großen Spaß an dem Recht auf Privatsphäre – AUCH für Kinder habe – bleibe ich bei allen Beobachtungen, Bewertungen und Erfahrungen weitestgehend bei mir. Die anderen drei könnt Ihr ja bei Gelegenheit mal fragen, wie es ihnen mit #ffffff geht.
Nach 5 Tagen
2. Feb 2013
Natürlich meine ich das ernst, aber habt Ihr Eure Körper komplett unter Kontrolle. Bereits zu Anfang habe ich mich sicherheitshalber auf allen Geräten aus Facebook ausgeloggt, damit ich nicht aus Versehen nach einem Klick wieder an der Nadel hänge.
Und das war gut.
Heute habe ich nämlich auch noch die App vom Handy verschieben müssen, nachdem ich mein linker Daumen zwei mal Facebook gestartet hatte, ohne mich vorher zu fragen. Der iPhone-Bildschirm wurde sozial-blau und ich erschrak. In beiden Fällen konnte ich den hinterlistigen Versuch meines linken Daumens noch frühzeitig im Keim ersticken. Und nu‘ ist das Icon weg. Tja.
Erkenntnis: Wenn Du das auch mal machen willst, auf jeden Fall ausloggen und die App verstecken.
Auch nach 5 Tagen
2. Feb 2013
5 Tage ohne Fernsehen ist eine Lachnummer. Das kann jeder. Mir fällt das fast nicht auf.
5 Tage ohne Facebook ist anders, denn Fernsehen war nur abends, Facebook war immer. Dennoch: 5 Tage ohne Facebook ist eine Lachnummer.
Erkenntnis: Ich bin nicht süchtig.
Aber ich habe plötzlich Angst. Was mache ich nur, wenn im Februar das Puzzle fertig wird? Die letzten Fortschritte sind bereits fotografiert und warten auf den Upload. Was mache ich nur, wenn im Februar das Puzzle fertig wird? Ich weiß es: Ich freu mich einfach und erzähl’s Euch später. Einverstanden?
Nach 6 Tagen
3. Feb 2013
Früher, wenn der SC Paderborn 07 spielte, habe ich immer #braaaaaandy als Hashtag genutzt. Ich habe fast jedes Spiel auf Facebook und Twitter kommentiert. Nicht exzessiv, aber immerhin. Irgendwie aber mehr, als alle anderen Fans von allen anderen Mannschaften. Komisch, oder? Ich Depp mache den Liveticker, als hätte ich ihn erfunden. Doof, oder?
Ich mache den Job, als hätte ich noch nicht genug. Zuletzt verlangt der Job – den andere viel besser machen – von mir nur, Spiel für Spiel auf dem Handy rumzurödeln, während sich alle anderen über Tore freuen. Doof, oder?
Am 2. Februar bin ich ohne Facebook und Twitter im Stadion, kann das spannende Spiel ununterbrochen und aufmerksam verfolgen, und die erlebte Heimniederlage ist ein heimlicher Sieg für mich gegen immerwährendes Facebook. Ich nehme es mir nicht übel, wenn ich ab März wieder fast jedes Spiel des SCP im Social Web ankündige, den Live-Ticker überlasse ich aber anderen und kucke Fußball. Das verspreche ich mir.
Erkenntnis: Andere sollen den Live-Ticker machen.
Weil ich es nicht posten durfte:
Warum eigentlich ist Alban Meha immer wieder auf dem Platz? Der spielt doch mehr für die Gegner als für den SCP? Wetten?
Auch nach 6 Tagen
3. Feb 2013
Am selben Abend gehe ich spontan ins Kino. Es gibt keinen Film außer Django Unchained. Einfach mal alleine ins Kino gehen, es keinem verraten und das sichere Gefühl haben, dass viele kluge Köpfe da draußen bereits genug über diesen Film geschrieben haben. Über alle anderen Filme auch.
Aber dann!
Nur noch 14 People vor mir.
Ich stehe kartenvorreserviert bereits in der Schlange vor dem Kino-internen Halbkiosk. Halbkiosk deswegen, weil man hier für das gleiche Geld plötzlich nur noch halb soviel Cola, Bier, Schokolade oder Katjes-Pfötchen bekommt, wie an jeder feinen Trinkhalle. Ich stehe in der Schlange. Lange Schlange.
Jetzt kommt die Unruhe, die da vorher nie war.
In der multispiralen Umgebung meines 3. Auges kreisen bunte Wörter wie ‚Einchecken‘, ‚Updaten‘ oder ‚Aktualisieren‘. Mein Daumen, den ich vor wenigen Tagen erst gebändigt hatte, zieht ruckartig nach unten. Immer wieder. Als würde sich damit die Situation auffrischen.
Ich weiß warum.
Ich stehe in der langen Schlange. Links neben uns zwei weitere Schlangen. Rechts sogar drei weitere Schlangen. Alle lang. Und alle People in allen Schlangen entschuldigen sich körperlich bei ihren Begleiterinnen vorab für den Tarantino. Oder sie machen genau das, was ich nicht tun will, und lassen ihre Daumen tanzen. Über hochentwickelte Touch-Displays.
Ich denke:
Om.
Nur noch 13 People vor mir.
Erkenntnis: Ich und der Film. Mehr braucht es nicht.
Nach 7 Tagen
4. Feb 2013
Die ganze Familie in Rietberg. Kinderkarneval. #KKFiSW – Keine Kinderfotos im Social Web macht es mir ausgesprochen leicht, mein Handy in der Tasche zu lassen.
Allerdings wäre der anschließende Abend im Mumpitz in Neuenkirchen 1.000 Empfehlungs-Posts wert gewesen. Der Service ist wie gehabt granate, das Essen immer und ohne Ausnahme ein großer Genuss und ich kenne keine andere Lokalität, die so unverschämt Kinder-freundlich ist. Dafür muss man weit fahren. Aber das lohnt sich auch.
Auch nach 7 Tagen
4. Feb 2013
Im Juni 2012 habe ich mal ein ganzes Wochenende ganz alleine verbracht. Nur ich und die Waschmaschine. Wir hatten viel Spaß im Keller, am Ende war die Waschmaschine wieder heile und ich kaputt.
Viele Monde später sucht sich unsere Waschmaschine für ein Comeback der durchlöcherten Wäsche erneut einen guten Zeitpunkt aus: Die Maschine zickt aber wir sind von der Außenwelt abgeschnitten. Ich erinnere das gelernte aus 2012 und bewaffne mich mit entsprechendem Werkzeug, öffne die Maschine diesmal sofort an der richtigen Stelle (unten, NICHT oben) und weiß bereits nach 20 Minuten: Ich kann das nicht reparieren, denn ich finde keinen Fehler. Ich finde auch keinen BH-Bügel.
So gerne hätte ich gepostet:
Ich brauche Hilfe! Wer kennt jemanden, der sich mit Waschmaschinen auskennt und sich unsere mal näher ankucken kann?
Ist aber #ffffff-verboten.
Wenn Facebook nicht helfen kann darf, dann bleibt nur noch eins: Schwiegermama fragen. Die hat auch sofort eine Telefonnummer parat. Keine 24 Stunden später läuft die Maschine wieder rund und lässt unsere Wäsche wieder in Ruhe. Gekostet hat es uns nichts.
Erkenntnis: Schwiegermama rulez!
Nach 8 Tagen
5. Feb 2013
Erkenntnis: Vier gewinnt macht Spaß.
Auch nach 8 Tagen
5. Feb 2013
Mittlerweile war es in zwei Terminen mit Kunden spontan notwendig, Facebook auf den Beamer zu schmeißen. Das war vielleicht doof. Das ist hier ja kein Kindergarten, kein Spielplatz.
In beiden Fällen konnte ich den Platz elegant mit einem Mitarbeiter tauschen und dieser hat dann übernommen.
Erkenntnis: Puh!
Fast wäre ich in die Vorsatzbrecher-Hölle gekommen.
Nach 9 Tagen
6. Feb 2013
Die Frau muss sich erste Notizen machen:
Was ich mit meinen Facebook-Freunden besprechen muss …
Erkenntnis: Wer schreibt, der bleibt.
Auch nach 9 Tagen
6. Feb 2013
Fast hätte ich die Melvins verbaselt. Aber doch nicht.
Ein Freund ist ein Freund ist ein Freund. Und davon gibt es einige auch außerhalb der digitalen Scheinsozietät.
Heute hat mein Freund Komet* mich per E-Mail wissen lassen, dass die Melvins im Mai in Berlin spielen, und zwar an einem Abend komplette drei ihrer besten Alben – insbesondere Lysol. Das ist ein Fest.
Oder um es facebookish zu sagen: Das kann ein Lebensereignis werden.
(* Name geändert // Anm. d. Red.)
Die Karten sind sofort bestellt und trudeln ein paar Tage später ein.
Erkenntnis: Ohne Facebook verpasst man alles. Nicht.
Nach 10 Tagen
7. Feb 2013
Die kichern immer alle. Zumindest grinsen sie komisch. Immer dann, wenn ich erzähle, dass ich derzeit ca. 400 Facebook-Freunde habe. Warum kichern oder grinsen die? Weil niemand 400 Freunde haben kann. Auch 40 sind zu viel. Zumindest für mich. Außerdem sind Freunde ja oft Lebensbegleiter, denen wir auch mal intime Einblicke gewähren. Das ist so’n Gefühls-Ding. Da grinst man schon mal.
Aber Freunde und Facebook-Freunde sind ja nicht das selbe.
Facebook-Freunde sind Facebook-Freunde sind Facebook-Freunde. Und ein paar von Euch vermisse ich sogar. Ein wenig. Auf jeden Fall freue ich mich aber heute schon wieder auf Euch. Die wenigsten Grinser wissen ja, dass Facebook-Freunde echte Menschen sind. Nicht grinsen, jetzt.
Erkenntnis: Ich bin gerne einer von Euch.
Gestern lag ich in der Badewanne und schwof meine Gedanken: Wer sind die 400 People und warum sind es nicht 401?
Es sind diese 400: Ich kenne 95% von ihnen persönlich-physisch, die meisten flüchtig, einige echt ganz gut und ein paar sind sogar echte Freunde. Familie ist auch dabei. Für jede/n einzelnen der 400 aber lege ich mich fest, dass ich jede/n für normal loyal, für verlässlich gut und im Herzen fair halte.
Jedem würde ich jederzeit 50 Euro leihen (nicht aber allen gleichzeitig), jeden traue ich auf meinem Weg ich habe keine Sorge, dass mir einer von jenen irgendwann in den Rücken rumpeln wird.
Das ist mein Maß.
Manchmal genügen zwei Sekunden Bekanntschaft in der echten Welt oder die drei richtigen Zeilen in einem Kommentar auf Facebook und ich weiß:
Auf Dich möchte ich mich ebenfalls gerne verlassen. Darf ich Dein Freund sein?
Glaubt Ihr immer noch, dass Freundschaft erst nach Trillionen gemeinsam gemachter Erfahrungen und nach Megatonnen an gemeinsam verbrachter Zeit entsteht?
Im Internet, unter Facebook-Freunden jedenfalls, geht das heute doch so herzlich flott.
Willkommen in meinem Netz.
Nach 13 Tagen
10. Feb 2013
Der Spaß an regelmäßigem Gesellschaftsspiel wird überschätzt. Vier gewinnt wird auf die Dauer etwas fad. Etwa nach 2 Tagen.
So haben wir uns gestern entschieden, eine flotte runde Quirkle zu spielen. Zwei Stunden später hatte Papa haushoch gewonnen.
Ohne Facebook und Fernsehen bleibt man, wenn die Kids im Bett sind, entweder stumm auf dem Sofa sitzen oder man redet. Miteinander. Quirkle lag also hinter uns, die Kinder im Bett und ein kurzrestlicher Abend vor uns. Wir saßen. Auf dem Sofa. Inmitten des dortigen Gesprächs wollte ich S[…] mithilfe einer Metapher den Unterschied zwischen einer großen und kleinen Sache Story deutlich machen und sprach:
… Stell Dir das eher wie die Ravensburger Kiste vor, nicht wie Ben Hur.
Da guckt die mich an, als hätte ich was total blödes gesagt. Ich guck klug fragend zurück. Sie fragt nach:
„Was!?“
Ich wiederhole sicherheitshalber:
… Stell Dir das eher wie die Ravensburger Kiste vor, nicht wie Ben Hur.
Später erklärt sie mir, dass sie tatsächlich sofort kleine Männchen an dünnen Fäden herumtanzen sah, als ich das sagte. Dieses Bild hat ihr wohl auch geholfen, mit ihrem Gefühl in den Ring zu steigen, dass irgendetwas nicht stimmte. Zugegeben: Das Gefühl hatte ich in dem Augenblick auch.
Dann löst sie auf:
Meinst Du vielleicht die Augsburger Puppenkiste?
Die nächsten Minuten sind Lachen.
Erkenntnis: Reden hilft.
Nach 14 Tagen
11. Feb 2013
So schwierig wie heute morgen war es bisher noch nicht, nicht posten zu dürfen.
Zuerst erneut die Meldung, dass unsere Bundesregierung unter der Führung der lustigen Angela keine Bedenken hat, eine andere, zweifelhafte Regierung mit Waffen (Panzern und so) zu versorgen. Die gehen an eine Monarchie, die z.B. Frauen (und Männer) wegen Deliktchen öffentlich hinrichtet und auch sonst sehr selten nach Menschenrechten googelt. Das juckt es, das kurz zu kommentieren. Friedvoll ist das nicht, liebe Koalition.
Aber richtig schwierig wurde es für mich, als der WDR2 mir in der Werbepause folgendes anbot:
Im Lidl gibt es heute ein paar besondere Schnäppchen. Zum Beispiel: ‚Väter für nur 69 Cent‘!
Haben die gesagt.
Die Info hätte ich gerne geteilt, denn die Chance hätten viele wirklich verdient. Endlich eine Alternative zu den bestehenden betrunkenen Halunken oder chronisch Abwesenden.
Leider liegt das attraktive Angebot zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags bereits einige Tage zurück. Ich Tippe auf Ausverkauf. Schade. Da müsst Ihr weiterhin mit den Rabauken klarkommen, die Ihr immer schon hattet.
Dann ist da noch die spontane, verrückte Idee dieses jungen Mannes, der beim Schreiben dieses Beitrags noch Papst ist, aber in dem Moment, in dem Du es soeben liest, nicht mehr. Amen.
Hoffentlich kam jemand auf die Idee, dem Vatikan schnell das Angebot vom Lidl zuzustecken.
Habemus Papam!
… für nur 69 Cent.
Nach 17 Tagen
13. Feb 2013
Facebook kam mir heute quasi gedruckt ins Haus. Die aktuelle Ausgabe der AStA luego, das Flugblatt des AStA der Universität Paderborn beschert mir mit dem Leitartikel FACEBOOK-WAHNSINN eine lange Nacht in Großbuchstaben. Ich lese den Beitrag während ich in der Wanne liegen und halte es danach nicht länger liegend aus. Ich muss raus und bloggen.
Fünf Stunden später ist mein kommentierender Artikel FACEBOOK-WAHNSINN-WAHNSINN fertig und geht 36 Stunden später online.
Ich freue mich, dass der AStA mich via E-Mail wissen lässt, dass Sie meinen Beitrag twittern. Jetzt ist es irgendwie doof, dass ich social faste und ein paar Reaktionen weder auf Twitter noch Facebook verfolgen kann. Dennoch: Ein paar Kommentare auf meinem Blog versöhnen mich in meiner Stille.
Ich lese die Kommentare und nehme mir vor, über die Bedeutung von sozialer Kompetenz zu meditieren. Und über Kinder in Porno-Kinos.
Nach 21 Tagen
17. Feb 2013
Das ist albern lustig:
Viele Gedanken der letzten drei Wochen konnte ich nicht posten. Bei keinem Besuch irgendwo konnte ich mich einbuchen. Jedes Ereignis der letzten 20 Tage musste ich unkommentiert vorbeiziehen lassen.
Und was fehlt mir? Fast nichts.
Es fehlt der inhaltliche, energische Diskurs. Der fehlt. Es fehlt der Ausstoß kreativer Impulse. Das fehlt.
Alles andere fehlt nicht.
Warum ist es für andere von Bedeutung, wo ich bin? Warum teile ich mit anderen in Bild und Text, was ist esse, sehe, lese, rieche oder höre – wo ich stehe, gehe, schlafe, sitze, laufe?
Warum finde ich mich jetzt selber albern, das „früher“ alles gepostet zu haben?
Und auch das noch: Warum werde ich es trotzdem wieder tun?
Erkenntnis: Jeder Mensch hat das gute Recht, albern zu sein.
Es ist tatsächlich so, dass die nach 20 Tagen anfange, die albern zu finden, die den Eindruck vermitteln, alles auf Facebook rauszuhauen.
I’m starting with the man in the mirror.
Ooh. Yeah!
Auch nach 21 Tagen
17. Feb 2013
[ ca. 2 Stunden später … ]
Ich komme gerade vom Joggen an den Fischteichen. Duschen muss ich noch.
Nach dem Dummunfall-Schlüsselbeinbruch Mitte Dezember habe ich heute zum ersten Mal wieder Sport probiert. Gut so.
Die Frau war am heutigen Vormittag joggen. Da dachte ich: Ich auch.
Gestern Abend war ich mit […] im Roadhouse am Domplatz. Der Service wie immer spitze. Es gab für mich ’nen feinen Texas-Burger. Deswegen heute morgen nur einen Selfmade-Smoothie. Der mit der nussigen Note.
Ich habe etwas Zeit im Keller verbracht, denn vor der Fertigstellung der zweiten Hälfte meines Puzzles will ich die erste Hälfte mit den letzten 13 fehlenden Teile vervollständigen. Die wollten zuerst aus dem aus 4.560 Teilen bestehenden Haufen destilliert werden.
Also 4.560 Teile gesichtet, mit einer kleinen Auswahl ab in den Keller und 13 Einzeltäter identifiziert und eingebuchtet. Fertig.
Nach etwas Puzzelei dann mittags Köttbullar. Mjammjamm.
Ich weiß noch nicht, ob ich heute des Puzzles zweiter Teil komplett zu Ende bringe oder lieber Verbotene Kunst: Eine Moskauer Ausstellung weiter lese. Das ist eine beeindruckende Dokumentation des Schauprozesses und dessen peinlicher Verurteilung der Macher der Ausstellung „Verbotene Kunst 2006“. Schauplatz: Putinland.
Alternativ widme ich mich später auch der Nacht der Eulen, dem ersten Batman-Crossover seit dem DC-Relaunch.
Erkenntnis: Wenn es Dich nicht interessiert, dann hör‘ doch weg!
Was auch immer.
Jetzt erst mal unter die warme Dusche. Ich war ja – wie oben bereits euphorisch mitgeteilt – eben erst joggen.
Ooh. Yeah!
Nach 24 Tagen
20. Feb 2013
Es muss doch ein Wort dafür geben, dass man etwas ganz klar im Kopf hat, aber dafür kein Worte findet, um es anderen mitzuteilen. Dafür muss es doch ein Wort geben.
bereits seit einigen Tagen ist Facebook aus dem Radar verschwunden. Facebook fehlt nicht. Aber etwas fehlt.
Der Habitus, bei fast jeder Gelegenheit mit dem Daumen über den kleinen Screen zu wischen ist nach knapp 20 Tagen verschwindibus. Das freiwillige Zwang, kurz vor Bett, Arbeit, Joggen, Essen, Klo und Co. noch mal nach dem Rechten Blauen zu schauen ist verschwindibus.
Erkenntnis: Facebook entwöhnt sich viel flotter als erwartet.
Aber etwas fehlt.
Es muss doch ein Wort dafür geben, dass man das so nicht will, weil etwas fehlt, aber nicht weiß, was man will, weil man nicht weiß, was fehlt. Dafür muss es doch ein Wort geben.
Es gibt kein Problem, das man nicht ohne Facebook lösen könnte. Es gibt kein Melvins-Konzert, von dem man nicht auch ohne Facebook erfährt. Und der Fernseher ist ja auch noch aus. Es geht wunderbar ohne Facebook.
Erkenntnis: Es geht wunderbar ohne Facebook.
Wooooosh. Zack. Vrrrrooooooom. Bäng!
Alle flach auf den Boden, ich will keinen Mucks hören und wehe, einer leistet Widerstand. Ich habe folgendes zu sagen und verteile gleich Stifte, damit es sich alle hinter die Ohren schreiben können:
Erkenntnis: Es geht auch wunderbar ohne Nutella.
Aber wer will das schon.
Facebook ist nicht die Party, Facebook ist nicht der Stammtisch, Facebook ist nicht Tanzen oder Thinktank, Facebook ist nicht Freundschaft.
Facebook ist nur ein Punkt.
Ihr seid die Party, Ihr seid Stammtisch, Tanzen, Thinktank und Freundschaft.
Facebook fehlt nicht.
Es muss doch ein Wort dafür geben, dass es einem egal ist, dass es kein Wort für das gibt, was wirklich wichtig erscheint. Dafür muss es doch ein Wort geben.
Erkenntnis: Ihr fehlt.
Auch nach 25 Tagen
21. Feb 2013
Die Gattin fährt morgen nach Berlin. Für 4 Tage. Auch für 3 Nächte.
Sicherlich würde man von einem touristischen Ausflug in das Haupstädtchen gerne mal spontan twittern und posten. Andererseits stelle ich mir das auch enorm entspannend vor, nicht entscheiden zu müssen, ob das ein oder andere irgendjemand wissen will. Oder wissen sollte.
Für ein „Wir sind gut und heile angekommen.“ genügt ja weiterhin die gute alte SMS. Für ein „Gute Nacht, mein Schatz.“ auch.
Erkenntnis: Wenn man weiß, dass es den Lieben gut geht, ist das schon mehr als genug.
Auch nach 25 Tagen
21. Feb 2013
Medien machen die Kids kaputt.
Yo, man.
Und das war schon immer so.
Deswegen dürfen unsere auch einen Monat kein Fernsehen kucken.
Bam!
Und siehe da: Nach nur wenigen Tagen werden aus kleinen Medien-Mutanten absolute Kultur-Kenner, die für sich die wahre Welt erobern und sich ganz von alleine selber selbst der guten Dame hingeben, die sie seicht und weich in ihre schneeweißen Arme nimmt: Mama Muse.
Die Kids singen ihre Lust am Leben hinaus in unsere vier Wände, verhaften in kürzester Zeit komplizierteste Melodien und Texte und sie singen, singen, singen …
Der 9 Musen Mutter, die gute Mnemosyne lässt auch mich erinnern: Es gibt viel mehr, als die olle, platte, zweidimensionale Mattscheibe.
Ich erinnere, dass es Bühnen gibt, Konzerte.
Ich kann nicht mehr an mich halten, gerate in Ekstase und bestelle Karten.
Das muss ich mit meinem Nachwuchs teilen.
Ich geb‘ ihr was zu fressen, ich geb‘ ihr was zu fressen, sie bezahlt nichts dafür.
Erkenntnis: Und das ist gut!
Nach 26 Tagen
22. Feb 2013
Seit heute steht das nächste Projekt fest, und wird mit dem Hashtag #mmmmmm begleitet. Wer raten will, darf raten. Eure aberwitzigen Ideen einfach an info@last-voice.de mailen. Oder auf Anfang März warten, dann steht’s auch auf Facebook.
Erkenntnis: Wenn man mehr Zeit hat, alliteriert man plötzlich stundenlang.
Ach, was soll’s – einen Tipp werde ich los: Wann machen Onkel oder Tante „#mmmmmm“?
Nach 27 Tagen
23. Feb 2013
Ohne Facebook ist das eine. Dabei kommt Facebook in #ffffff überhaupt nicht vor. Statt dessen: Fernsehen.
Ein Monat ohne Fernsehen? Darüber habe ich in den vergangenen Tagen mit ein paar Lebensbegleitern lustige Gespräche geführt. Zum Beispiel mit Marcel* in der Sauna, mit Heidi* am Telefon oder mit Paule* im Auto. Und es waren noch einige mehr.
(* Alle Namen ausgedacht, die Gespräche aber nicht // Anm. d. Red.)
Der eine verlässt demonstrativ das Wohnzimmer, wenn die Frau vom Bauern gefunden werden will, der andere stellt die These auf, dass uns die Privatsender zu Medienzombies machen aber auch als Abschalt- oder Einschlafmaschine wird das TV gerne genutzt. Wenn man mal nicht mehr so richtig auf der Erde sein will.
Nicht erstaunlich aber auch genauso klar: Niemand, wirklich niemand unterstellt dem deutschen Fernsehen auch nur einen klitzekleinen Anspruch auf Qualität. Die einzig immer wieder gern genannte – und auch von mir gestärkte – Ausnahme ist arte.
Wirklich, also so richtig wirklich wirklich jeder sagt:
Erstens: Alles im deutschen Fernsehen ist totaler Mist. Zweitens: Manches [ jeder etwas anderes ] kucke ich trotzdem, aber es bleibt Mist.
Und sie haben Recht.
Nicht erstaunlich aber auch genauso klar: Seit dem ich kein Fernsehen mehr schaue, vermisse ich tatsächlich nichts, außer zugedröhnt und/oder abgebeamt und/oder vollgeseiert zu werden.
Erkenntnis: Ich vermisse nichts aus dem Fernsehen, außer den grandiosgenialen Sponge Bob, aber den gucke ich auch eher selten.
Ein Leben ohne Fernsehen ist ein Leben ohne Fernsehen. Sonst nichts. Sendeschluss.
Ey!
Mach wieder an. Gleich ist Anstoß.
Nach 28 Tagen
24. Feb 2013
Der ganze Spaß hat am 11. Oktober 2012 um 22:13 Uhr angefangen und bei ziemlich genauer Messung netto 138:45 Stunden gedauert.
Der #ffffff-Februar hat natürlich einen perfekten Zeitrahmen für die letzten paar 100 Teile geboten. den habe ich zu nutzen gewusst.
Am 24. Februar 2013 habe ich das letzte Teil eingesetzt.
Erkenntnis: Carpe diem: Mach‘ Dein Puzzle fertig.
Nach 30 Tagen
26. Feb 2013
Ach, wenn die Kinder endlich groß sind …
Die Kids in Kinderwagen durch die hiesigen Wälder zu schieben war eine feine Frischluftkur, die ich gerne erinnere. Ein paar Jahre später haben wir ein Piratenschiff gebaut und noch ein paar Jahre später Episode 1 im Kino gekuckt. An mehr kann ich mich erinnern.
Jahre später …
2009 ist mir Carcassonne begegnet. Ein Brett Legespiel ganz nach meinem Geschmack. Es bedient meine Lust, etwas aufzubauen, das erfreulicherweise nicht so kompliziert ist, wie Sim City. Es ist auch nicht so ein heimliches Glücksspiel wie Die Siedler von Catan.
Das macht Spaß.
Doch seit 2009 habe ich nie wieder gespielt, denn: Keiner spielt mit mir.
Genau heute haben wir uns wieder die Zeit genommen, mitgegeneinander Carcassonne zu spielen. Nö. Doch miteinander.
Wenn die Kinder groß sind, muss man sie nicht mehr bespielen sondern kann dann sehr gut mit ihnen spielen – auf Augenhöhe.
Erkenntnis: Fragt doch Eure Kinder mal, ob sie Lust haben, mit Euch zu spielen.
Vier, fünf längere Partien Carcassonne liegen im Februar hinter uns. Mal gewinne ich, mal gewinnt der Kurze.
Und damit die Kurze irgendwann mit ihrem großen Bruder Bündnisse schmieden kann, gibt es regelmäßige Trainingseinheiten Benjamin Blümchen Kniffel oder Kuh & Co..
Alle gegen Papa!
In ein paar Jahren, bin ich dann der arme Tropf, den die anderen auch mal gewinnen lassen.
Wenn die Kinder zu groß sind …
Nach 32 Tagen
28. Feb 2013
Es ist vorbei.
Es war eine spannende Zeit mit vielen Eindrücken und atemberaubenden Herausforderungen. Das macht müde und nun ist es auch gut. Immer wieder überlegen, was man anzieht. Immer wieder überlegen, wem man was erzählen darf. Da fällt Entspannung schwer.
Den ganzen Tag mit dem Auto herumfahren macht auch schnell keinen Spaß mehr und irgendwann will man auch mal andere Gesichter sehen, als immer nur die ganzen Fratzen der eigenen, großen Familie.
Endlich mal wieder unter Gleichgesinnten sein und raus aus der Einsamkeit. So soll es nun sein.
Ob es eine gute Zeit war?
Fragt ihn doch selbst: www.news.va
Auch nach 32 Tagen
28. Feb 2013
Es ist vorbei.
Und so fühlt es sich an:
Es fühlte sich in den letzten Tagen an, als wären es die letzten eines schönen, ruhigen Urlaubs. Ich nahm mir mehr Zeit für Dinge, denen ich sonst eher weniger widme. Gerne nenne ich ein Beispiel: Lesen. Leider wurden mir die letzten Tage dieses Urlaubs durch die sich derzeit durch unser Land fressenden Viren vermaledeit. Daher etwas weniger #ffffff-Tagebuch. Aber das nur am Rande.
Es fühlt sich tatsächlich an, als ginge etwas zu Ende.
Da ist aber auch diese Ahnung, dass es wieder nach Hause geht. Zurück zu den anderen. Schön, das ist.
Home ist ja schließlich da, wo das Heart ist.
Also packe ich heute meine Sachen, lese noch ein paar Stunden bevor der Flieger geht und komme gerne zurück. Voraussichtlich landen wir um 00:01 Uhr.
Fazit
Vier Wochen ohne Fernsehen war für die ganze Familie eine totale Lachnummer. Die Kinder freuen sich ein wenig drauf, Mama und Papa schalten es demnächst wohl mal wieder ein. Mal sehen …
Vier Wochen ohne Facebook ist ein Unterschied. Von manchen/m ist man mit glatter Klinge abgeschnitten, einige/s davon vermisst man von Herzen. So manche Themen, über die auf Bürofluren und in Taxis gesprochen wird, habe ich gar nicht mitbekommen. Ein paar Gags habe ich wohl auch verpasst. Egal.
Vier Wochen ohne Facebook macht den Impact deutlich, den die Soziale Vernetzung (auf mich) hat. Für mich ist der dauerhafte Verzicht definitiv eine bewusst alternative Lebensführung, ein exotischer Stil, ein Ausstieg. Muss ich nicht haben.
Ich bleibe dabei: Wer hier – jeweils in seinem eigenem Maß – nicht mitmacht, verweigert sich dem Fortschritt. Sowohl technisch als auch gesellschaftlich.
Mal sehen, was Herr Schirrmacher dazu sagt. Auf Seite 80 ist mein EGO schon. Egal, wie laut es in meinem Netz ab morgen wieder wird: Das lese ich flott bis zur Neige.
Hello again
Wir kommen zurück. Der Flug ist gebucht und das Login im Gepäck.
Ich freu mich darauf, Euch wiederzusehen.
Dennoch.
Es war herrlich ruhig und tatsächlich sehr entspannend.
Gerne wäre ich noch ein wenig geblieben.
Erkenntnis: Das bringe ich mit.
- 2013: #ffffff – Ein Februar ohne Fernsehen und Facebook
- 2013: #ffffff+1 – Erkenntnisse im Rückspiegel
- 2014: Die Lanz-Lösung, oder: #ffffff02
- 2014: Wo ist das Social Web, wenn man es braucht?
- 2014: #ffffff02 – Der zweite Februar ohne Facebook und Fernseher
- 2015: Die Glotze bleibt an … voerst.
- 2015: Tanz in den Februar
- 2015: #ffffff03 – Kein Fernsehen, kein Facebook und kein FIFA15
- 2016: Große Klappe zu, Medienaffe tot // #ffffff04
- 2016: Enjoy the silence
- 2016: Flut #ffffff04
8 Kommentare
Hi Stefan, mit großer Freude und auch Spass dabei habe ich Dein Tagebuch meiner Frau laut vorgelesen . Es ist wie im echten Leben und ich bin ganz bei Dir, es geht auch ohne FB aber ohne mich, ich bin gern dabei;-)
War es Zufall, das du für dein Experiment den kürzesten Monat im Jahr gewählt hast? Ein Schelm , der Böses dabei denkt. Willkommen zurück in der bunten medialen Welt
Danke, das hat Spaß gemacht.
Respekt!
Eine hervorragende Idee und klasse Umsetzung, Stefan!
Am besten gefällt mir:
„Erkenntnis: Es geht auch wunderbar ohne Nutella.
Aber wer will das schon.“
In dem Sinne: Wilkommen zurück.
Tolle Sache! Respekt und Anerkennung fur den Mut und dieses Durchhaltevermögen. (Daumen hoch) :-)
PS: Tolles Puzzle!