Ravensburger kann es
Gestern habe ich die ganztägige Mittelstandskonferenz Vol. 3 in Bielefeld moderiert. Über 100 Gäste informierten sich in sieben Vorträgen über den Stand der Dinge in Sachen ‚Social Media‘.
[ Zwischenruf: Dieser Beitrag hat ein Happy End (außer Du bist Vodafone). ]
Nach enorm viel Gesellschafts-, Wirtschafts- und Informationsrauschen fand ich mich auf dem Rückweg überraschend still in meinem lustigen Auto wieder. In mir trug ich die simpe Idee, das ganze Brumborium einfach auf Folgendes zu reduzieren:
„Meldet Euch doch einfach bei Facebook und Co. an und seid nett zu anderen. Oder lasst es wegen mir sein. Mehr ist es nicht.“
Das ist bestimmt ein bißchen gemein, zumal die Konferenz eine saugute Bewertung der Besucher bekommen hat. Dennoch: Eigentlich ist es ganz einfach.
Seid nett!
Und trotzdem versauen es oftmals gerade die, die es können müssten.
Beispiel #1
Die Brigitte macht sich chauvinistisch und diskrimierend über Männer auf Skateboards lustig, die Community macht keinen Unterschied zwischen Kolumne und Qualitätsjournalismus und es rappelt. Zu Recht.
>> Der originale Beitrag ist unten auf dieser Seite
Brigitte sagt leise ‚Sorry‘ und lässt unmittelbar und ohrenbetäubend laut seltsame Rechtfertigungen folgen. Entschuldigen geht anders.
Nun kommentieren alle alles, mindestens viele vieles von Brigitte. Und kaum ein Kommentar, ohne das Wort Skateboard. Selbst wenn es um Weihnachtsbäume, Opas in Damenwäsche oder den Tatort geht. Zum Schreien komisch.
Aber total vergurkt.
Das kostet Reputation. Das kostet.
Beispiel #2
Ich war fast 20 Jahre Kunde bei Vodafone. Fast immer total zufrieden. Vor allen Dingen mit dem Service. Dann muss da was schlimmes passiert sein, denn der Service wurde auf Null runtergefahren und statt dessen konzentriert man sich nur noch auf plumpe Werbelügen. Wenn ich in diesen Tagen gerne Voice of Germany kucke und dieses Connecting people Geheule in jeder Werbelücke auftaucht, dann reagiere ich fast körperlich.
Was glauben die denn, wie dumm wir sind?
Vodafone hat erst meinem 10. Antrag zugestimmt, mit meiner Nummer zu T-Mobile zu wechseln. Immer die selbe Begründung: Unterschiedliche Schreibweise des Vertragspartners. Damit meinen die meinen Namen und den meiner Firma, den ich mir übrigens nach der 4. Absage am Telefon habe buchstabieren lassen. Meinen Namen. Nun muss ich nur noch 4 Tage warten, bis ich wieder mobil bin. Dann bin ich über 10 Tage ohne Handy gewesen. Das hat Vorteile, aber nur wenn man es freiwillig macht und nicht von einem Konzern wie ein dummes Schaf behandelt wird.
Vorausgegangen war eine mit Fehlern übersäte Mail des neuen Vodafone Business Premium Stores in Schloß Neuhaus (verifiziert!), der sich plötzlich für mich verantwortlich zeigte. In der Mail bat mich der lustige Vogel sogar, dass ich ihm mein Vodafone-Passwort via Mail schicke, da er sonst keinen Zugriff auf meine Vertragsdaten hätte. Loch im Kopf? Ich rufe also bei Vodafone an, um mich zu beschweren. Die sagen: Das geht nur per E-Mail. Ich schreibe eine E-Mail und bekomme eine Antwort: Bitte die Hotline anrufen. Um der Todesschleife zu entkommen, beschwere ich mich auf Facebook. Es folgt die Bitte, die Hotline anzurufen.
Fazit: Ich kündige. Es folgt die Odyssey, meinen eigenen Namen richtig zu buchstabieren und meine Nummer zu T-Mobile zu bekommen. Erst nach mehreren Posts auf Facebook und einer Beschwerde via Online-Formular regt sich Vodafone: Erstens wird nach über 10 Anträgen meine Nummer freigegeben und zweitens bekomme ich eine persönlich E-Mail von Sven bzw. seiner persönlichen E-Mail-Adresse kontakt@vodafone.com, dass er mich persönlich nicht erreichen konnte, um den Fall mit mir zu besprechen. Zu dem Zeitpunkt war mein Handy schon mehrere Tage tot.
Fragen?
Bin ich damit alleine? Eher nicht.
Das war es aber noch nicht.
Was sich als Einzelfälle herausstellen könnte, hat augenscheinlich System:
>> netzpolitik.org // Neue Vodafone-Kampagne: Die Freiheit nehm ich Dir!
>> golem.de // Vodafone verkauft ein halbes Netz als Internet
>> digitalegesellschaft.de // VODAFONE TÄUSCHT KUNDEN BEI MOBILEM DATENVERKEHR
Das ist das Gegenteil von „Seid nett!“. Genau das Gegenteil.
Es geht auch anders: Ravensburger ist nett!
Seit ein paar Wochen habe ich ein Projekt. Mein Ravensburger Projekt. Ich bin dabei 9.120 Puzzleteile zu einem großen Bild zusammenzufügen. Ein buntes Protokoll findest Du auf Facebook. Derzeit habe ich geschätzte 70% hinter mir und 82,5 Stunden investiert.
Das Malheur passah aber bereits nach den ersten beiden Stunden: Meine Frau verunfallte ein Glas Sprite und flutete 10 Teile, die aufgingen wie heiße Asche in Island.
Plötzlich hatte ich 10 fette Teile.
Mit schwerem Gerät habe ich den verzweifelten Versuch unternommen, die Dinger in Ihre ursprüngliche Schlankheit zurück zu pressen. Am nächsten Tag war dann alles vorbei.
Plötzlich hatte ich 10 hauchdünne Teile.
Was macht man in traumatischen Situationen? Man verdrängt. Die 10 Teile mischte ich unter deren wohlgeformten Brüder und Schwestern und machte weiter. Mit Stunde 3. Und knapp 80 Stunden später hatte das Verdrängen ein Ende. Das waren Sie nun. Direkt vor meinen Augen. Und sie passten nicht mehr.
Niedergeschlagen griff meine frustrierte Seele zum Ramazotti, den ich auch trotz geringer Mengen dafür verantwortlich mache, Ravensburger kurze Zeit später nur die halbe Wahrheit geschrieben zu haben. Aber ich habe geschrieben. Und das war gut.
Dienstag, 27.11.2012, 01:12 Uhr, Persönliche Nachricht an Ravensburger auf Facebook
Hallo Ravensburger,
ich könnte heulen :(
Ich hatte Euch hier von meinem 9000er-Projekt erzählt, das ich auf Facebook dokumentiere [ http://www.facebook.com/media/set/?set=a.535249766502149.140905.100000513922185&type=1 ] und heute gab es einen Unfall mit meiner Tochter. Sie hat dummerweise 10 Teile mit Sprite geflutet und die sind auseinandergegangen wie ein Schwamm und nun Schrott.
Was kann ich tun? Es handelt sich um 10 Teile aus Beutel A, der linken Seite mit Libra und Scorpio etc.
Habe ich eine Chance, nur den linken Beutel von Euch zu bekommen? Wegen 10 Teilen kann mein Projekt doch nicht kippen :((
Auf eine Antwort freue ich mich.
Herzliche Grüße
Stefan Freise
Haselweg 32
33100 Paderborn
stefan@freise.de
Am nächsten Morgen griff ich dann noch mal zur Tastatur und korrigierte die geflunkerte Hälfte.
Dienstag, 27.11.2012, 08:33 Uhr, Persönliche Nachricht an Ravensburger auf Facebook
Guten Morgen liebe Ravensburger People.
Manchmal benutzt man True Lies, und das habe ich gestern spät nacht auch gemacht. Ich habe den Unfall um mein Puzzle verdreht.
Es war nicht meine Tochter sondern meine liebe Frau, die Sprite übe das Puzzle schüttete und ein Versuch meinerseits, die Teile mit schwerem Gerät zu retten sind gescheitert. Das seht Ihr am Anfang meiner Bildergalerie.
Und da ich Freund meiner Kinder und des Social Webs bin, hatte ich heute morgen ein kleines schlechtes Gewissen, das ich hiermit korrigieren möchte.
Natürlich bleibt es bei der Not, irgendwie an einen Ersatz-Beutel A meines Puzzles zu kommen.
Liebe Morgengrüße
Stefan Freise
Nach nur knappen 2(!) Stunden kam diese Antwort:
Dienstag, 27.11.2012, 10:45 Uhr, Persönliche Nachricht von Ravensburger auf Facebook
Hallo Stefan,wir wollen natürlich auch nicht, dass Dein Projekt an einem solchen Unfall scheitert.
Das Puzzle führen wir zwar nicht im Programm, aber wir besorgen noch ein Exemplar aus Italien und werden Dir einen Ersatzbeutel des Puzzles zukommen lassen. Somit sollte Deinem Projekt nichts mehr im Wege stehen
Viele Grüße,
Dein Ravensburger Social Media Team
Heute kam das Paket. Aus Italien. Drei Tage nach meinem Hilferuf auf Facebook. Kostenlos. Für mich. Nicht für Ravensburger. Die übernehmen das für mich.
Könnt Ihr Euch vorstellen, wie gerne und dankbar ich nun die neuen 4.560 Teile durchsuche, um die 10 wesentlichen zu finden?
Ich habe Zeit. Von meinem Handy kann ich ja Dank Vodafone nicht gestört haben und ein Skateboard darf ich ja wegen Brigitte auch nicht mehr fahren.
Danke Ravensburger! Ich bin Fan!
So geht’s.
Das ist „nett sein“.
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