Isch liebe Dir statt Zucht und Ordnung
Dies ist kein Post über Fußball.
Gestern hat Dortmund gegen Napoli gespielt. Das lief so schlecht, dass noch vor der Pause der Trainer und der Torwart gegangen sind. Entsprechend wurde das im Social Web auf Facebook kommentiert.
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Voreilig unterstellt man dem stereotypen Fußballfan eine überdurchschnittliche Ferne zur Bildung. Tut nichts zur Sache. Unter den frustrierten Beiträgen von Dortmundern und unter den jubelnden Beiträgen von Undortmundern sammelten sich gestern dann flott weiterführende Kommentare. Wohin die auch immer führten, mich führten die zu der kommenden Fragestellung.
Auffällig: Kommentare ohne Kommas und Kommata, dass ohne zweitem s und dass, wo nur ein das hingehört. Von normalen Schreibfehlern ganz abgesehen.
Ich gebe zu: Meine spontane, innere Reaktion geht so …
Lern‘ ersma Schreiben, bevor Du Dich hier wichtig machst!
Das bleibt aber innern und ich fühle mich auch sofort ertappt. Erfreulicherweise von mir selbst. Das achtsam sein zeigt Wirkung. Und ich frage mich: Muss man schreiben können um seine Meinung kunddürfen zu tun?
Ich fragte dann die Crowd auf Facebook
Warum finden es eigentlich so viele immer noch so wichtig, dass im schriftlichen Diskurs absolut fehlerfreies Deutsch geschrieben wird? Das diskrimiert und beschämt doch schreibschwache, bildungsferne und andere Menschen, deren Argumente auch mit kleinen Schreibfehlern genauso treffsicher sind.
Dies ist kein Post über Fußball.
Noch während der zweiten Halbzeit, die Dortmund erfrischen gut überstand ohne vernichtet zu werden, flogen meiner offenen Frage erfreulich viele Meinungen und Kommentare entgegen.
Frei wiedergegeben:
- Wer falsch schreibt, missachtet den Empfänger.
- Fehler sind super.
- Ich lerne gerne von anderen und helfe auch gerne.
- Das ist typisch deutsch.
- Man sollte zwischen Schlamperei und Unvermögen unterscheiden. [ Wie auch immer? A.d.R. ]
- Selbst in den Tageszeitungen inflationieren die Fehler. Schlimm.
- Ich lasse mich einfach von meinem Smartphone korrigieren.
- Nimmer gestatten.
- Wer meine Tippfehler findet, der darf sie behalten.
- Puh.
Fazit
Wie so oft – oh freu – sind viele Meinungen vertreten. Gefühlt tut es gut, dass die organische Mitte des Meinungsrauschens für alle zu stimmen scheint. Noch besser: Ob mit oder ohne Fehler, es blieb humorvoll und schimpflos. Alle blieben humorvoll und schimpflos.
Den mir aber in der Tat am Herzen liegende Gravitationspunkt meiner Frage habe ich dann noch mal so formuliert:
Mein Beitrag soll nur die Spitze setzen, dass manch Pseudointellektueller von gewöhnlichen Mitbürgern an die Wand diskutiert wird und dann aggressiv und polemisch auf dessen Schreibfehler zielt: „Lern ersma schreiben, bevor Du den Mund aufmachst.“
Vertippt?
Nein.
Ertappt?
Ja.
PS: Dies ist auch mein initialer Post als Iron Blogger OWL.
Ein Kommentar
Schönes Experiment zur Sprachkultur mit einer interessanten Zielgruppe und gravitätischer Auftakt als Ironblogger.