Ich bin der Kapitän
Euch habe ich mitgenommen auf meine Tauchfahrt, ohne euch wäre sie mir nicht möglich.
Wenn mir die Kräfte ausgehen, komme ich zu dir, Koch.
Euch Jungs im Torpedo-Raum werde ich hoffentlich nie aufschrecken müssen.
Für den Kontakt mit der Welt draußen bist du da, Funker.
Für Ordnung, Sauberkeit und Übersicht sorgt Ihr alle.
Und du, Ingenieur, dich brauche ich, damit die Motoren laufen, und manchmal ist ja auch eine Schraube locker.
Nicht weniger wichtig seid ihr Navigatoren, damit unser Kurs stimmt und es immer in die richtige Richtung weitergeht.
Nun hat mich der Ozean verschluckt.
Nun hat uns der Ozean verschluckt.
Wir hängen am Boden fest.
Ich hänge am Boden fest.
Ich weiß, ich werde die Sonne wiedersehen und dann niemals wieder vergessen, dass das ohne euch nicht möglich geworden wäre.
Das wird nur mit euch gemeinsam möglich.
Dennoch, etwas unterscheidet uns.
Ich bin der Kapitän.
Zuerst ist da die Pflicht: Ich muss entscheiden, immer.
Dann ist da mein gottgegebenes Recht: Ich darf entscheiden, immer.
Zuletzt ist da ein Privileg: Euch ist es nicht gestattet, ungefragt in meine Kabine zu kommen. Das ist mein Platz.
Ich weiß, ich werde die Sonne wiedersehen und dann niemals wieder vergessen, dass das ohne euch nicht möglich geworden wäre.
Ihr Köche, Ingenieure, Funker, Navigatoren und Torpedo-Jungs, Männer.
Alle auf ihre Posten!
Hier spricht der Kapitän.
[ März 2009 ]
Dieser Text ist also genau neun Jahre alt.
Er stammt aus meinen Tagebüchern und hat mich in den letzten Wochen immer wieder angebettelt, laut vorgelesen zu werden.
Der Text ist all denen gewidmet, die ihren Schlüssel verloren haben, um ihre Kabinentür von innen zu verschließen.
Er ist all denen gewidmet, deren Tür nie verschlossen ist, schutzlos denen ausgeliefert, die immer wieder ungefragt hereinplatzen.
Passt auf Euch auf.
Das kann keiner besser als Ihr.
Den Schlüssel braucht Ihr nicht.
Ein Kommentar
<3