Axel Czech – mein Nachruf
Dies ist einer der vielleicht ehrlichsten Nachrufe der Welt für den besten Trainer der Welt, denn – das nehme ich gerne vorweg – in und an Axel war nur Gutes, ausschließlich. Es gibt hier nichts wegzulassen. Alles war gut.
Das kann nicht war sein
„Das kann nicht wahr sein.“
„Ich glaube das nicht.“
„Wie soll das jetzt weitergehen?“
Das sind die ersten Reaktionen von allen, die vom plötzlichen Tod von Axel erfahren haben. Die Frage „Wie soll das jetzt weitergehen?!“ wird in den Ohren und Herzen von Axels Hinterbliebenen noch 1.000 mal lauter sein. Mein tiefes Mitgefühl und mein herzliches Beileid gilt seinen beiden Kindern und seiner Mutter, seiner Familie und allen engen Freunden.
Wie soll es jetzt nur weitergehen?!
Dieser Nachruf ist aus der Sicht eines Läufers geschrieben, der viele, viele Jahre bei Axel trainiert hat, dessen unfassbar guter Coach er war, und irgendwie auch waren wir auch Freunde.
Ein Kompass
Wenn wir trainierten, an einem Volkslauf teilnahmen oder vielleicht sogar an etwas, das sich wie ein Wettbewerb anfühlte, dann war der Kurs immer gesetzt. Dann stand eine Helferin in der Kurve, da hing ein wegweisendes Schild oder ein knallroter Pfeil war auf den Boden gekreidet, die uns sagten, wo es lang ging.
Was aber Axel geschafft hat: Er hat ständig Orientierung gestiftet, immer auch dann, wenn der Kurs nicht gesteckt war. Wenn wir mal nicht wussten, wo und wie wir trainieren sollten. Wenn wir unsicher waren, wann wir eine Pause einzulegen hatten oder doch weiter durchziehen sollten. Wenn wir die Signale unserer Körper nicht verstanden und deuten konnten. Dann war er es, der uns klare Orientierung stiftete, der uns jederzeit das sichere Gefühl gab, wo es lang ging.
Dafür war er immer für uns da.
Als Kompass.
Orientierung und Verbundenheit
Ich schreibe dies hier, um meinen Trainer, Coach und Freund zu ehren. Ich schreibe dies, um meine Gedanken und meine Gefühle über seinen plötzlichen Tod und meinen Verlust zu sortieren. Und ich schreibe dies, um bestenfalls etwas Orientierung zu stiften, für euch da draußen, für die Axel eine so große Lücke hinterlassen hat.
Ich möchte etwas Orientierung für Eure Gedanken und Gefühle stiften und damit ein bisschen zurückgegeben von dem, was er mir und uns gegeben hat.
Axel hat uns alle eng miteinander verbunden, und dies ist mein Versuch, mit euch verbunden zu bleiben.
Die Verbindung zu halten.
Wir alle sind gleich
Was ihm vielleicht wie keinem anderen gelungen ist, ist uns allen das Gefühl zu geben, das sichere Gefühl, dass wirklich keine und keiner von uns für ihn wichtiger war als jede und jeder andere. Egal wer du bist, wie jung oder alt, wie schnell oder auch gemütlich du läufst. Alle waren für ihn gleich und gleich wichtig.
Und dabei spielt es wirklich gar keine Rolle, ob du schon 20 oder mehr Jahre bei ihm im zerfledderten Trainings-Buch standest oder erst vor 5 Minuten zum ersten Mal zur Trainingsgruppe dazu gestoßen bist. Keine Bevorzugung, null Extrawurst, nix mit Sonderlocke für niemanden.
Im Gespräch mit Axel war es aber gleichzeitig so, als wäre er nur für dich da.
Perfekte Trainingspläne
Als Trainer hat er es sich nicht leicht gemacht, sich nicht auf altbewährten Methoden und etabliertem Wissen ausgeruht. Er wollte immer am Zahn der Zeit bleiben. Dass er sich ständig wissbegierig weiterbildete, das war für uns auch in jedem neuen Trainingsplan zu erkennen. Den gab es alle vier Wochen neu. Jedesmal stolperten wir über eine neue Abkürzung. Natürlich handschriftlich, sonst wäre es kein Plan von Axel gewesen.
Per WhatsApp haben wir dann nachgefragt, was diese oder jene neue Abkürzung uns denn sagen sollte. Welche neue Möglichkeit, welcher neue Trend, welche neue Erkenntnis, welche neue Aufgabe für uns im Plan stand, um noch effektiver und effizienter zu trainieren. Nur damit wir noch besser, heiler, gesünder und manchmal auch schneller im Ziel unserer Läufe ankamen.
Dann hat er uns bis ins letzte Detail erklärt, wofür das Neue stand, und warum, wieso, weshalb.
Da war er leidenschaftlicher Laufnerd und Perfektionist.
Meine Lieblingsabkürzung war übrigens AVV, das steht für „Auslaufen vom Vortag“, also ein wirklich gaaanz ruhiger Lauf – oft auch mit drei aaa geschrieben. Das gab es im Plan immer nach einem Tag, an dem zuvor richtig geballert wurde. AVV ist ein totaler Genuss, wenn du mal nicht rennen musst und es einfach nur rollen lassen kannst.
Legendäre Ansagen
Axels sensationellen Trainingspläne, die für uns Läuferinnen und Läufer immer voll aufgegangen sind und nahezu immer zu einer Punktlandung geführt haben, waren bis auf die letzte Sekunde und jeden Meter total präzise ausgestaltet. Nicht ganz so präzise hingegen waren seine Ansagen, für die er bei uns in der Mittwochsgruppe bekannt und beliebt war. Ansagen wie:
„Macht bitte die gleichen drei Gruppen wie beim letzten Mal aber heute nur zwei.“
Jetzt bitte drei Steigerungsläufe, von der weißen Linie bis zur dritten Laterne, die erste nicht mitgezählt.
Ab jetzt treffen wir uns beim Training im Ahorn immer dort, wo diese Fahne steht. (Das war an einem Mittwoch irgendwann 2022. Die Fahne hat er danach nie wieder mitgebracht.)
Er wirkte manchmal wie ein verstreuter Professor, wusste aber immer ganz genau, was er für uns tat, und was für uns auf der Bahn oder auf dem Plan oder vielleicht auch in der Pause zu Hause genau das richtige war. Dabei konnte er eine Autorität und auch Orientierung stiften, ohne auch nur einmal ein scharfes oder lautes Wort von sich zu geben. Er war als Trainer und als Coach einfach eine absolute Institution, auf die jede Läuferin und jeder Läufer sich immer vollkommen verlassen konnte.
Einmal war er richtig sauer
Das ist viele Jahre her.
Einmal, genau einmal war er richtig sauer. Training im Ahorn, wir waren zu dritt oder zu viert auf der Bahn, waren ausgelassen wie junge Welpen. Das Wetter war gut und wir waren aus unterschiedlichen Gründen einfach richtig gut drauf. Das führte dazu, dass wir die 400 m oder 800 m jedes Mal viel schneller gelaufen sind als er angesagt hatte. Viel schneller heißt in diesem Kontext vielleicht 10 Sekunden zu schnell.
Nachdem das also drei, vielleicht vier Mal hintereinander passiert war, hat er sichtbar verärgert deutliche Worte gefunden:
„Was glaubt ihr, warum ich mir diese ganzen Gedanken mache?! Wenn sich keiner von euch an das hält, was ich ihr sage, kann ich mir die ganze Arbeit auch sparen. Dann könnt ihr das auch ohne mich machen!“
Das genügte. Vielmehr hat Axel nicht gesagt, aber sein Ärger war deutlich zu spüren. Und dieser war berechtigt. Jemand, der sich so reinhängt wie Axel, Trainingspläne akribisch ausfeilt, sich Gedanken macht, wie er uns vorbereitet auf den Lauf in einer Woche, in einem Monat oder vielleicht auch erst in einem halben Jahr, der darf etwas erwarten. Jemand, der da so viel Leidenschaft, Erfahrung und Kompetenz reinsteckt, der darf erwarten, ernst genommen zu werden.
Das haben wir an diesem Tag einmal nicht getan. Seine kurze knackige Reaktion hat dafür gesorgt, dass das nie wieder passiert ist. Das war seine liebevolle, herzliche Autorität. Das war seine hohe soziale Kompetenz. Genau deswegen liefen wir bis zuletzt vor wenigen Tagen alle immer ganz genau nach seinen Plänen und die gingen alle auf. Immer, alle.
Er kannte jede Düne auf Texel
Was für eine unbestrittene Autorität er ausstrahlte, erzählt auch diese kleine Geschichte von Texel.
In zwei Gruppen sollten wir eine lange Runde durch die Dünen laufen. Mich bat er, eine der beiden Gruppen zu leiten, da ich die Route auf meiner Laufuhr gespeichert hatte. In den Dünen sieht schließlich alles gleich aus.
Axel lief mit seiner Gruppe etwas früher los, um im Wald noch ein paar Koordis zu machen. Wir starteten also etwas später und stießen dann nach den ersten zwei oder drei Kilometern auf Axel und seine Gruppe. An einer Weggabelung im Wald, bei der meine Uhr uns eindeutig nach links leiten wollte.
Der Trainer nahm wahr, dass wir uns nach links orientierten und rief: „Falsch, falsch, ihr müsst da lang. Und zeigte nach rechts.“
Niemand, auch ich nicht, stellte das in Frage. Wir liefen ungefragt rechts rum. Natürlich war damit jede Vorbereitung in Sachen Navigation und Laufuhr nix mehr wert. Ganz klar überstimmt. Und wir waren lost.
Die restlichen 15 Kilometer probierten, orientierten und zitterten wir uns durch die Dünen und kamen zuletzt natürlich auch wieder an. Auch kamen wir nochmal an der Abzweigung vorbei, an der Axel uns umgeleitet hatte. Wir waren die große Runde einfach nur in die andere Richtung gelaufen, entgegen der Route auf meiner Uhr, die ich im Vorjahr abgespeichert hatte.
Ich verlasse mich auf meine Uhr. Die Navigation dieser Geräte ist immer vollkommen in Ordnung. Aber wenn der Trainer sagte: „Hey, ihr müsst da lang!“, dann gab es kein anderen Weg.
Dann liefen wir da lang.
Er kannte schließlich jede Düne auf Texel. Seine große Liebe und zweite Heimat.
Auf die Plätze, fertig, Mist!
Und dann dieser eine Abend auf Texel. Dieser eine besondere Abend von der Sorte, die man nie wieder vergisst.
Axel und ein Freund tauschten begeistert alte Geschichten aus. Wir waren dabei, saßen zusammen mit einigen anderen in einer großen Runde in einem der Ferienhäuser und hörten staunend und gebannt zu. Eine Story nach der nächsten wurde erzählt. Mit glänzenden Augen holten sie ihre Anekdoten aus der Vergangenheit zurück in die Gegenwart und wir waren beeindruckt, was für ein verrückter Haufen diese Jungs einst waren.
Zum Beispiel erzählten sie von einem Start bei einem Wettbewerb auf der Laufbahn. Es war unmittelbar vor dem Start. Ganz kurz , bevor es losging aus den Startblöcken heraus auf die Stadionrunde. Wenige Sekunden vor dem „Auf die Plätze …“ brach Panik aus, denn einer von ihnen hatte vergessen, seine Socken auszuziehen. Er steckte noch mit Socken in seinen Laufschuhen.
Wir Zuhörenden stutzen, fragten laut oder leise, warum das ein Grund zur Panik gewesen war.
Die klare Antwort: „Wisst ihr was Socken wiegen?! Jedes Gramm zählt, und für die Kurzstrecke sind Socken absolut überflüssiger Ballast und kosten wertvolle Zeit.“
Verrückt, oder?
Sie liebten es, diese und weitere Geschichten an diesem Abend für uns ein weiteres Mal zu erleben. Und wir hörten gebannt zu.
Wie tröstend es ist zu wissen, dass Axel unzählige verrückte Geschichte erlebt hat, die er begeistert immer wieder gerne mit uns teilte, weil sie sein Leben so bereichert haben.
2:55 geteilt durch 7
Unvergessen bleiben auch seine Zeit-Ansagen beim Training. Wie zum Beispiel:
Heute lauft ihr 700 Meter in 2 Minuten und 55 Sekunden.
Das kann dann spontan keine Läuferin, das kann kein Läufer. Rechne mal 2 Minuten und 55 Sekunden durch 7. Oder sogar 10/7 von 2 Minuten und 55, um auf die Pace zu kommen, die es gleich zu laufen gilt. Rechne das mal im Regen, im Nebel oder der glühenden Sonne aus, direkt nach 2 km Einlaufen und einer Handvoll Koordis.
Nein, das Umrechnen seiner Zeitansagen auf eine verständliche Pace hat uns immer wieder hart gefordert. Es ist und bleibt erstaunlich, dass sich bei diesen kniffeligen Anstrengungen niemand von uns jemals schreiend auf die Laufbahn geschmissen hat.
Apropos auf die Erde geschmissen:
Einmal im Training hieß es: „Jetzt noch drei Steigerungsläufe mit 80 % von hier bis zur Treppe, also hinter der dritten Laterne.“
Wir waren gerade losgerannt, da hörte ich ein lautes Platsch, und Axel rief lauf hinter mir: „Das gibt es nicht, das gibt es nicht, das gibt es nicht! Das ich das noch erleben darf!“ Ich brach verdutzt ab, drehte mich um, und in der Sonne lag Axel auf dem Bauch auf der Laufbahn im Ahorn, die Hände und den Blick gen blauen Himmel gerichtet: „Das gibt es nicht: Der Freise läuft auf dem Vorfuß! Dass ich das noch erleben darf!“
Er hat nie in der Gegend herum gekuckt, hat sich nie in Gedanken und schon gar nicht in sein Handy verloren, auch nicht mit anderen gequatscht, während wir unsere Runden drehten. Er hatte uns immer fest im Blick und er war hoch konzentriert auf das, was wir in jedem Augenblick taten. So ist ihm kein Detail entgangen, auch nicht dieser eine kurze Moment, in dem ich einmal in meinem Leben auf dem Vorfuß gelaufen bin.
Ein großes Herz
Unbedingt erwähnenswert ist auch seine Großzügigkeit. Wenn er es für notwendig oder hilfreich hielt, kam er ab und zu bei uns Athletinnen und Athleten mit seiner Massagebank zu Hause vorbei. Nach einer 30-minütigen Wadenmassage, die zugegebenermaßen Hölle weh tat, nahm er 20 € nur unter der Bedingung an, dass er dafür aber auf jeden Fall noch mal vorbeikommen durfte, für eine zweite, dann kostenlose Massage.
Auch konnten wir jederzeit Freunde, andere Trainings-Interessierte oder auch mal unsere Kinder mit zum Training bringen. Auch denen widmete er sich dann von der ersten Minute an mit großer Aufmerksamkeit, als wären sie immer schon dabei gewesen und wären ab jetzt für immer dabei. Alle waren jederzeit bei ihm willkommen, konnten einfach so mitmachen. Er hat so viel gegeben, viel mehr als genommen. Sein Herz so groß.
Es ist einfach nicht zu fassen, nicht zu glauben, dass dieses große Herz aufgehört hat zu schlagen.
Neben seinen talentierten, starken und schnellen Beinen war nichts in Axel so stark wie sein großes, gutes Herz.
Kein einziges schlechtes Wort
Neben allem, was es über Axel zu sagen gibt, bleibt es das bemerkenswerteste, dass er nie, nie, nie ein schlechtes Wort über jemanden verloren hat. Er war ein absolut fairer Typ, ein Menschenfreund und hatte einfach nur Wohlwollen im Herzen.
Ein paar persönliche Worte
Dass seine ausnahmslos positive Haltung und immer allen Menschen zugewandte Art dabei keine Fassade war, sondern Axels ureigene Art, da bin ich mir sicher, das weiß ich. Er ist mit allen und allem immer nur im Guten in Kontakt getreten.
In persönlichen Gesprächen, in längeren oder auch nur in ganz kurzen Wortwechseln waren wir immer auf Augenhöhe. Wir haben uns gegenseitig mit großem Vertrauen wissen lassen, was uns derzeit bewegt, um welche Fragen es sich gerade dreht, und wo wir für ihn oder mich den richtigen Weg für die nächsten Schritte sehen. Manchmal ging es dabei auch ums Laufen.
Er war immer positiv und humorvoll, aber kein Clown. Er war wohlwollend und herzlich, souverän und oft auch ernst. Er hat uns angeleitet, mit flotten Sprüchen und motivierenden Worten. Dahinter war aber immer eine große Tiefe und durchdachte Struktur.
Wenn er für uns da war, wusste er immer ganz genau was er tat. Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich das auch einmal zurückgeben konnte, dass ich in einem sehr wichtigen Moment für ihn da sein konnte.
Glücklich macht mich auch, dass ich ihm wie viele andere auch immer wieder gesagt und gespiegelt habe, was für ein großartiger Kerl er ist. Dass ich ihn unmissverständlich habe spüren lassen, wie dankbar ich dafür bin, dass es ihn gibt und was er für mich ist und tut.
Der Trainer wartet im Ziel
Er hinterlässt ein riesengroße Lücke, wird so vielen Läuferinnen und Läufern, so vielen Menschen und natürlich insbesondere seinen Kindern und seiner Mutter so sehr fehlen.
Und es stimmt mich unfassbar traurig, dass er erst gehen musste, damit ich begreifen konnte, was für ein großes Vorbild er für uns alle war.
Wann immer für eine oder einen von uns ein wirklich wichtiger Lauf anstand, es war fast immer klar, dass Axel im Ziel auf uns wartete. Und genau das macht er ab jetzt im Himmel für uns. Er wartet, dass auch wir irgendwann ankommen. Axel wartet mit offenen Armen im Ziel, und auch wir kommen irgendwann da an. Bestenfalls mit einer echt guten Zeit.
Weiter, weiter, immer weiter!
Ein bekanntes Zitat, dass Axel sich zu eigen gemacht hatte. Oft habe ich es aus seinem Mund gehört, es dabei aber nie als Appell verstanden, mich zu quälen, mehr zu geben als möglich schien. Getrieben hat er mich nicht. „Weiter, weiter, immer weiter!“ stand dafür, dass Aufzuhören und Aufzugeben einfach keine Optionen sind. Und dass es eben sowieso weitergeht.
Und das tut es nun für mich und viele andere, die eben noch da sind. Es geht weiter. Und so machen wir es Schritt für Schritt in unserem jeweiligen, individuellen Tempo. Weil es keine andere Option gibt.
Weiter, weiter, immer weiter.
Und wenn ich dann irgendwann angekommen sein werde, wird er im Ziel stehen, auf mich gewartet haben, mit gewinnendem Lächeln und weit ausgebreiteten Armen.
Irgendwo, hinter der letzten, allerletzten Kurve, dann im Ziel wartete der Trainer auf mich.
Gegen den Schmerz
Und dann ein paar Stimmen in den letzten Tagen, andere die auf mich zukommen und sagen: „Mir fehlt jetzt jede Motivation, um weiter zu laufen.“
Ey, aufgeben ist keine Option, nur weitermachen zählt. Frag mal Axel.
Das machen wir auch beim Laufen, wenn wir bei Kilometer 5, bei Kilometer 14 oder sogar bei Kilometer 36 denken: „Ich kann nicht mehr, es geht nicht mehr weiter, ich bin am Ende.“
Wenn wir eins durch’s Laufen gelernt haben: Am Ende sind wir nie. Weiter geht’s.
Und auch das habe ich von Axel gelernt: Wenn du beim Laufen Schmerzen hast, und sie werden nicht schlimmer, dann geht es weiter. Nur falls sie schlimmer werden, während du läufst, dann hör auf.
Meistens sogar nimmt das Laufen einem den Schmerz. Deswegen laufe ich auch gerade jetzt weiter. Gegen den Schmerz, Ja, auch gegen den Schmerz laufe ich weiter.
Denn irgendetwas liegt hinter dem Schmerz, irgendetwas wunderbares. Vielleicht ist es Ankommen, vielleicht ist es Ruhe, und vielleicht ist es sogar Liebe. Wir laufen weiter wegen der Liebe.
Wir leben weiter wegen der Liebe.
Wir laufen, wir leben, wir lieben
„Wie geht es dir?“, werde ich die Tage immer mal wieder gefragt, mit dem Wissen, dass mein Trainer, Coach und Freund urplötzlich verstorben ist.
Die erste Welle des Schocks liegt hinter mir. Noch fällt es enorm schwer, zu glauben, dass er gegangen ist.
Wie es mir geht?
Ich bin überwältigt von der Liebe, die alle hier für diesen Mann empfinden.
Die ist noch da.
Unsere Liebe für ihn. Und seine Liebe für die Welt und seine Liebe für die Menschen.
Ihr und ich, wir alle hier sind noch auf der Strecke, sind noch unterwegs, keine Ahnung, ob hinter der nächsten, übernächsten Kurve vielleicht auch schon das Ziel liegt. Keine Ahnung, wie lange dein oder mein Lauf noch geht. Ich bin – wie oben bereits geschrieben – fest davon überzeugt, dass Axel im Ziel auf jede und jeden einzelnen von uns wartet, uns mit ausgebreiteten Armen dort empfangen wird, wo er nun angekommen ist.
Dann schließt er uns in seine Arme, sagt: „Willkommen im Ziel!“
Er wird sich freuen, wenn wir eine gute Zeit hatten. Er tröstet uns und baut uns sofort wieder auf, wenn es nicht so gut gelaufen ist. Einzig und allein, dass es uns im Hier und Jetzt gut geht, das wird ihm wichtig sein.
„Willkommen Im Ziel!“, wird er sagen, uns an die Hand nehmen, ein paar Schritte mit uns gehen, Regeneration anordnen. „Du solltest dich ein paar Tage ausruhen nach dieser Anstrengung.“, wird er sagen.
Doch dann, liebe Leute, dann geht es weiter.
Weiter, weiter, immer weiter.
Bis dahin, Trainer
Stefan
Schreibe einen Kommentar