First Republic [ BETA ] – Prolog
WIR SPIELTEN
Wir spielten.
Wir freuten uns auf den Urlaub.
Auf Langstreckenflügen war es mittlerweile üblich, dass dort, wo früher einmal die letzten Sitzreihen waren, den Fluggästen nun ein freier, offener Raum zur Verfügung stand. Dort konnte man sich frei bewegen, an einer kleinen Bar an einem entspannenden Getränk nippen, und für die Kinder war üblicherweise auch eine kleine Spielecke eingerichtet.
Diese Bereiche waren bei Start und Landung gesperrt, ansonsten war es dort während der Flüge durchgehend sehr lebendig.
Außer es gab Turbulenzen.
Nun saßen alle auf ihren Plätzen. Metall knackte, Menschen atmeten unruhig, Bolzen ächzten, Menschen flüsterten nervös, Turbinen kämpften, Menschen hielten Hände.
Sie spielten nicht mehr.
Sie freuten sich auf ihren Urlaub.
Jin hielt die Hand seiner Frau: links. Sein rechter Arm lag leicht auf den Schultern seiner Tochter, um ihr keine zusätzliche Last zu sein.
2 Stunden später
Wieder saßen alle, denn der Kapitän hatte beschlossen, eine Warteschleife zu fliegen. Wenige Minuten zuvor hatte er über die Kabinenlautsprecher bekannt gegeben, dass die Maschine in Kürze den Luftraum der First Republic erreichen würde.
Ein Gedankensplitter von Jin widmete sich der Besonderheit, dass die First Republic der erste Staat war, der ein offizielles Logo hatte. Eine 1 mit einem R als Rücken. Oder ein R mit einem Haken oben links. Wie auch immer man es sehen wollte. Auch 1R.
Der Kapitän hatte die Reisenden wissen lassen: Der Funkkontakt zur 1R brach immer wieder zusammen. Er nahm an, dass dies mit den unruhigen Wetterbedingungen zusammenhing.
Unlogisch, dachte Jin. Die Turbulenzen lagen zwei Stunden, zwei Bier und zwei Runden Kartenspiel zurück.
Bisher hatte die 1R keine Überfluggenehmigung erteilt, so der Kapitän, und somit die Warteschleife. Die gewonnene Zeit nutze er, um zu erklären, zu beruhigen: Dies sei eine sehr seltene Ausnahme und die Genehmigung würde in jedem Falle – wie immer – erteilt werden. Er flog die Schleife lediglich, um allen Formalitäten zu genügen.
In der zweiten langgezogenen Kurve lag das Flugzeug erneut mit gefühlten 45 Grad in Luft. Daher auch die Notwendigkeit für alle, angeschnallt auf den Plätzen zu sitzen. Zum Ende der Kurve drehte sich die Welt wieder in die Waagerechte und es ging wieder in Richtung 1R, der First Republic.
Der Kapitän: Zwar habe man nun fast 30 Minuten keinen Kontakt mehr zum Boden gehabt, aber mit Rücksicht auf die verbleibende Menge an Flugbenzin wäre eine weitere Schleife mit einer außerplanmäßigen Zwischenlandung und Betankung verbunden, bevor man das endgültige Reiseziel erreichen könne.
Verspätung.
Die Überfluggenehmigung sei nur eine Formalität.
Geplanter Kurs wird nun fortgesetzt.
Ein überalles Surren über den Köpfen, denn der Kapitän hatte die Kamera unter dem Bauch des Flugzeuges eingeschaltet und die Bildschirme fuhren aus der Kabinendecke, um allen zu zeigen, was es aus 10 Kilometer Höhe zu sehen gab.
Der Blick nach vorn.
Sie durften auch wieder spielen gehen.
Jin blieb sitzen.
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