Paderborner Osterlauf 2016 – Wir sind ein Marathon

Ich bin zu müde, um zu bloggen. Für’s Joggen hat es heute noch gereicht. Aber jetzt noch bloggen?! So klappe ich den Rechner auf, wie ich gestern beim Paderborner Osterlauf an den Start gegangen bin: Mit einem Ziel vor Augen, die ganze Arbeit aber noch vor mir. Und wenn der Startschuss fällt, dann heißt es eben: Los jetzt!

Kein Mensch muss joggen geschweige denn an Volksläufen teilnehmen. Bloggen ist ebenfalls keine Pflicht. Muss man alles nicht, kann man aber.

Außerdem: Meine vor 12 Monaten gebloggte Vorgeschichte der ersten Versuchs verlangt nach einer Fortsetzung. Vor allen Dingen nach einem Tag, wie ich ihn gestern erlebt habe.

Mein Halbmarathon beim 70. Paderborner Osterlauf 2016 in 10 Etappen

Angelehnt an die bereits letztes Jahr gewählte Erzählform mache ich das dieses Jahr ebenfalls in 10 Etappen.

1. Was bisher geschah …

Ich erzähle wiederhole das nur recht kurz: Seit fast 20 Jahren jogge ich. Aber nicht immer regelmäßig, denn 20 Jahre sind nicht regelmäßig. 2004 war ich für meine Verhältnisse ausgesprochen fit und bin damals meine Halbmarathon-Bestzeit gelaufen: 1:45:39. Vor 12 Jahren. Mitte Dreißig.

Danach zu Ostern immer mal wieder 10 Kilometer, immer so zwischen 50 und 60 Minuten. Kein Halbmarathon mehr. An Marathon gar nicht zu denken.

In 2013 hat es dann akut nur noch für 5 Kilometer gereicht. Das ist für viele eine beachtliche Leistung, die Anerkennung und Respekt verdient. Für mich war das vor dem Hintergrund meiner eigenen Laufhistorie eine Lektion in Demut.

Doch diese Lektionen in Demut sind immer für etwas gut, sollten immer willkommen sein. Niederlagen sind die Meister, von denen wir am besten lernen können. Wenn wir wollen.

Läufer 5353 sieht nach fast 5 Kilometern Osterlauf nicht besonders fit und happy aus, oder?
Läufer 5353 sieht beim Zieleinlauf nach 5 Kilometern Paderborner Osterlauf 2013 nicht besonders fit und happy aus, oder?

Viele Male bin ich bis heute in Ziele gelaufen, und mit einer Ausnahme habe ich mich dabei immer mindestens richtig gut gefühlt, meistens sogar noch besser. 2013 fühlte ich mich scheiße.

Scheiße fühlen ist scheiße, und weil ich irgendwie ja so ticke wie ich ticke, hatte ich bereits auf den wenigen Metern zwischen Zieleinlauf und Medaillenausgabe einen neuen Start beschlossen. Den Start in ein neues, aktives und wieder glückliches Läuferdasein.

Damit bin ich direkt am nächsten Tag angefangen, bin ab sofort mindestens 2 Mal die Woche gelaufen und habe bereits ein Jahr später Ostern 2014 wieder probate 10 Kilometer abgeliefert. Klar unter einer Stunde. Trotz Zerrung ab Kilometer 3.

Weitergelaufen stand dann Ende 2014 fest, dass es an der Zeit ist, die Bestzeit von 2004 anzugreifen. In wenigen Jahren bin ich 50 und das könnte ja vorher noch klappen. Mission 2015 war beschlossen, aber warum das dann am Ende doch nicht hingehauen hat, gab es eben vor einem Jahr hier zu lesen.

Weil ich ja irgendwie so ticke wie ich ticke, stand direkt nach Zieleinlauf 2015 fest, dass es eine Mission 2016 geben werde. Und davon erzähle ich hier. Und vermutlich noch ein wenig mehr.

2. Bist Du noch ganz gesund?

Erzählen ist einfach geworden. Bis vor einigen Jahren konnte immer nur einer reden, der Rest hörte zu. Heute können alle reden, und alle anderen hören zu. Immer. Diese Parallelisierung der Kommunikation ist meines Erachtens der Kern der allerorts wahrzunehmenden Herausforderung der uns scheinbar überfordernden, nicht mehr zu bändigenden Informationen. Plötzlich alles parallel – jeder ist ständig im Dialog mit jedem anderen. Das hat es vorher nicht gegeben. Das gehört hier eigentlich überhaupt nicht hin, kam mir gerade so in den Sinn und macht es damit fast noch schlimmer.

Was ich eigentlich sagen wollte: Wenn ich von meinen regelmäßigen Läufen erzähle, was heutzutage ja viel einfacher und breiter möglich ist als früher, dann bekomme ich fast immer die selbe Resonanz:

„Ich finde es toll, dass du das kannst.“

ich finde es auch toll, dass ich das kann, aber ich mag mich viel mehr dafür, dass ich das mache.

Im Dezember 2001 in Dänemark war der Strand vereist, und ich laufe mit Radiohead auf den Ohren. Ein für immer unvergessenes Gefühl.
Im Dezember 2001 in Dänemark war der Strand vereist, und ich laufe mit Radiohead auf den Ohren. Ein für immer unvergessenes Gefühl. Selten so erlebt.

Jeder, der gesund ist, dessen Gelenke normal geölt sind und nicht quietschen, jeder, der einen BMI hat, der Sport zulässt und davon vielleicht sogar besser werden kann, jeder, der das will, kann das auch.

Es dauert nur einige Wochen, und du kannst 5 Kilometer laufen. Ohne Pause. Bleibst du dran, sind nach wenigen Monaten 10 Kilometer möglich. Das dauert keine Jahre, das dauert nicht ein Jahr.

Dabei kommt es nicht darauf an, wie weit du kommst und wie lange du dafür braucht. Es kommt darauf an, dass du läufst.

Wir Läufer, wir laufen nicht immer weiter, weiter und noch weiter. Nein, wir laufen immer wieder, wieder und schon wieder.

Wir stecken da Zeit rein, und das bedeutet, dass uns das wichtig ist. Und wenn es auch dir wichtig wird, wirst du da Zeit reinstecken und es genauso „gut“ machen wie wir, oder besser.

Das kann jeder! Du kannst das!

Wenn du das für eine plumpe Motivationslaberei hältst, dann stell dich einfach mal an den Rand eines Volkslaufes und schau zu. Da läuft jeder(!) mit. Weil sie es können. Weil sie es tun.

Du müsstest eben nur …

Genau das hatte ich also 2013 gestartet: Wieder regelmäßig laufen. Mehr nicht. Und ich habe es durchgezogen.

3. Pläne, Nasen, Mägen, Därme und Herzmuskel

Seit vielen Jahren weiß ich, dass Axel Ahnung vom Laufen hat, viel Ahnung. Letztes Jahr habe ich ihn gefragt, ob er auch einem Hobbyläufer wie mir ein wenig helfen kann und so schrieb er mir meinen ganz persönlichen Trainingsplan.

Im Vorfeld habe ich ihm dafür eine ausführliche, echt lange E-Mail über meine bisherige Läuferkarriere geschickt. Zuletzt war natürlich auch meine Historie auf Runtastic dafür eine saugute Datenbasis.

Ich hatte 2015 plötzlich einen Coach!

Anfang diesen Jahres haben wir das genauso gemacht. Auf die zusammenfassende E-Mail konnten wir verzichten, da wir uns das zurückliegende Jahr via Social Web Schrift- und Wortwechsel nah genug auf den Fersen geblieben sind.

Mein Trainingsplan 2016 bestand im Wesentlichen aus vier Bausteinen:

  • Lockere Läufe im aeroben Bereich zwischen 30 und 60 Minuten, die aber immer kleinere Tempoabschnitte in verschiedenen Variationen beinhalten
  • Tempoläufe und Fahrtspiele, bei denen gerannt wird – fast immer in Intervallen mit Trabpausen, sonst stirbt man nämlich ganz allein im dunklen Wald
  • Lange, ruhige Läufe, die von anfangs 80 Minuten zum Enden auf 120 Minuten anwachsen
  • Der vierte Baustein ist der vielleicht wichtigste: Pausentage an denen nicht gelaufen wird, damit der Körper aus dem Erfahrenen lernen kann

Anfangs stehen 4 Läufe je Woche auf dem Plan, dann eine Verschnaufwoche mit 3 Läufen, um dann mit 5 Läufen pro Woche ein wenig am Rad Laufschuh zu drehen. In den letzten drei Wochen geht’s dann spürbar runter mit dem Pensum. Muss auch.

Liest sich vielleicht nicht so, aber das macht ohne Ende Spaß! Keine Fragen, nur machen, was da drauf steht. Laufen, laufen, laufen, ausruhen. Laufen.

Die wichtigste Frage von heute: "Was issn morgen dran?"
Für 10 Wochen die wichtigste Frage des Tages: „Was is’n morgen dran?“

Aber verdammt: Genau wie in 2015 wurde mein 12-wöchiger Trainingsplan direkt zu Anfang von einer tropfenden Nase sabotiert. Alle schreien dann sofort laut und schrill:

Stop! Vorsicht! Herzmuskelentzündung!

Du findest wirklich niemanden, der dir sagt, dass ein Mann mit einem Schnupfen alles kann. Niemand wollte mich darin bestärken, mit meiner Erkältung leichtsinnig umzugehen. Nur ein Schnupfen? Nein, Gefahr im Verzug. Du könntest sogar sterben. Mich verließ der Übermut und ich wurd‘ gesund.

Trainer Axel machte daraus kein Problem. Aus 12 Wochen Training wurden angepasste 10 Wochen. Er versprach mir, dass das locker klappen werde.

So ging es Mitte Januar dann endlich los.

Auf Asphalt, Wald, Wander- und Fahrradwegen hinterließ ich meine Spuren. Lief am frühesten Morgen genauso wie am allerspätesten Abend, bei Licht und Dunkelheit, doch immer war es klirrend kalt.

Es lief, ich war fit und die Trainingsergebnisse waren stets besser, als erwartet. Wie bei einem riesengroßen Adventskalender die täglich spannende Frage: Was ist morgen drin dran?

Optimistisch, vorfreudig und angespannt kam Ostern und der Paderborner Osterlauf näher.

Das mit dem Magen und dem Darm ließ da noch auf sich warten.

4. Vorglühen – noch 7 Tage bis zum Osterlauf

7 Tage vorm Paderborner Osterlauf stand der Sälzer Lauf auf dem Plan. Ein guter Test vorab. Letztes Jahr musste ich den aufgrund einer zweiten Erkältung ausfallen lassen. So viel zu Plänen.

Dieses Jahr war ich angemeldet, trainiert und sogar gesund. Genau eine Woche vor dem Halbmarathon, auf dem ich persönliche Bestzeit laufen wollte, also 10 Kilometer in Salzkotten rennen? Ist das sinnvoll, gut und richtig, Trainer? Nervöse Zweifel.

Aber Axel bat mich, in Salzkotten anzugreifen und Tempo zu machen. Kein Zurückhalten.

Der darauf folgende fantastische Samstag verdient eigentlich einen Blogbeitrag für sich. Er wurde zu einem Vorglühen für Ostern, wie es besser nicht hätte sein können. Nicht nur für mich. Dirk, Jan und ich liefen alle drei persönliche Bestzeiten. Ich lernte die pfeilschnelle Anke, die ebenfalls von Axel gecoacht wird, endlich persönlich kennen, und wir rannten alle, wie die Paderteufel.

Das ist kein Wettrennen gegen andere. Es gibt nur dich und deine Zeit.

Wie aus dem nichts pulverisierte ich meine Bestzeit von 46:36 aus 2004 und lief mit wahnsinnigen 43:18 durchs Ziel. Boa, macht das happy!

Obwohl viele, viele vor mir über die Ziellinie geflitzt sind, fühlte ich mich wie ein Sieger. Unvorstellbar stolz auf mich.

Das, was die paar Rennmäuse ganz vorne abreißen, ist eine ganz andere Nummer. Eine andere Welt. Das sollen die unter sich ausmachen. Nicht meins.

Scheißegal, wie viele bereits vor Dir über die Linie gerannt sind. Scheißegal, wie viele noch kommen.

Hmm, ein Detail vom Sälzerlauf aus Salzkotten erzähl ich aber doch. Storytelling, verstehste?

Also: Es gibt unter Läufern genau zwei Schubladen. In die erste kommen die, die vor einem Lauf sagen: „Mir ist meine Zeit total egal. Ankommen will ich.“ In der anderen Schublade sind die, die (immer) eine Wunschzielzeit mit auf die Strecke nehmen, und mit jedem einzelnen Schritt auf diese zulaufen.

Allerdings sind in beiden Schubladen wieder genau zwei Untergruppen: Die eine, die es genau so meint, wie sie es sagt, und die anderen, die lügen.

Will sagen: Egal, was dir ein anderer Läufer vor dem Start über seine Ambitionen, Ziele und Erwartungen erzählt. Du kannst nichts darauf geben. Nichts. So übrigens geschehen in Salzkotten, März 2016.

Beim Sälzerlauf hatte ich das Wunschziel, die 10 Kilometer unter 45:00 Minuten zu laufen. Wirklich. Ganz ehrlich. Echt jetzt. Dirk sagte, dass er das eventuell auch versuchen wolle, sich aber nicht so sicher und fit fühle. Aha. Hmm.

Wir starteten und bereits auf dem ersten Kilometer lief ich nur ein paar Meter hinter Dirk. Aber zum Teufel, ich lief am Limit und es bestand keine Chance, die letzten 7 oder 8 Meter gutzumachen. Meine Kopfrechenmaschine hatte ja Zeit und benötigte nicht lang, um zu wissen, dass das kein guten Zeichen war. Da lief einer mühsam auf die wackeligen 45:00 zu, und ich war nicht dazu in der Lage, ihn einzuholen. Dabei waren wir gerade erst gestartet und eigentlich noch voll in der Kraft. Mist! Und dann liefen mir Dirk und meine Zielzeit davon. In der ersten Hälfte des Laufes.

Am Ende lief Pinocchio Dirk von Münchhausen phänomenale 42:26 und für mich blieb tatsächlich noch genug Luft hinter ihm, mit 43:18 ebenfalls eine top Zeit zu ergattern. Zwischen uns ging Jan mit 42:42 ins Ziel. Wir waren drei Hasen, ohne Frage, drei Hasen.

Da muss ich am Ende eines so grandiosen Tages einem Tiefstapler aus Schublade 2 Gruppe B noch dankbar sein? Wir sehen uns beim nächsten Start, Dirk. Obwohl: Den bringt nichts aus der Ruhe.

5. Zum zweiten Mal neu

Eine Woche später: Die fast 12.000 angemeldeten Läufer beim Paderborner Osterlauf 2016 brechen wieder einmal den Rekord.

Die Organisation des Paderborner Osterlaufs unter der gekonnten Leitung von Christian Stork hat in diesem Jahr das in 2015 erneuerte Veranstaltungskonzept fortgesetzt. Denn um die Läufermassen nebst genauso vielen Zuschauern zu entzerren, wurde bereits im letzten Jahr vieles anders gemacht, als die vielen Jahre davor.

Das Konzept hatte sich bewährt, und mit den jungen Erfahrungen aus 2015 wurde dieses Jahr weiter optimiert. In ein paar kurzen Gesprächen mit den Organisatoren haben mir diese natürlich erzählt, dass es kleinere Pannen gegeben hätte, aber nur solche, die für das Event eher belanglos und weitestgehend egal waren. Lediglich das Führungsfahrzeug für die Inlineskater sei einmal falsch abgebogen. Ups.

Paderborn hat sozusagen einen schusssicheren Bürgermeister.
Wenn unser Bürgermeister Michael Dreier in die Luft schießt, rennen kurz danach alle ganz schnell weg. Und alle kommen sie wieder.

Lob und Anerkennung für die Organisatoren war allerorts und ständig zu hören und ebbt auch Stunden und Tage nach dem Osterlauf nicht ab. Zu Recht.

Ein dickes Kompliment hat auch unser  Bürgermeister Michael Dreier verdient, der den ganzen Tag dabei war. Dabei hatte er sichtbar Freude an dem großen Event und war ständig in Bewegung. Ob er auch mitgelaufen ist? Keine Ahnung, fragt mal Google oder ihn selbst.

Viele kleine Gesten sind in Summe bestimmt auch eine große, und so habe ich mich am ganzen Tag immer wieder bei Helfern bedankt: Sei es auf der Strecke, bei Start und Ziel, an den vielen Servicepunkten und auch bei Polizei, Rotes Kreuz usw. Das kostet nichts außer ein wenig Aufmerksamkeit, und die haben es alle echt verdient. Mehr als.

Ein herzliches Danke an alle Helfer des Paderborner Osterlauf 2016!

Die alle, das alles bildet einen Rahmen, in dem wir Läufer uns begegnen, in dem wir von Familie und Freunden begleitet und unterstützt werden, in dem wir neue Kontakte knüpfen und uns eigentlich den ganzen Tag gemeinsam feiern.

Weil wir machen, was wir machen. Und das ist gut.

Ich hatte in diesem von Organisation und Helfern perfekt gespannten Rahmen einen wunderbaren Tag mit Familie, Freunden und guten Bekannten, unter anderen mit Sandra, Lars, Axel, Berni, Christa, Christa, Christian, Steffi, Steffi, Hans, Manfred, Anke, Markus, Markus, Peter, Michael, Michael, Sonja, Lina, Susanne, Sascha, Marcello, Ralf, Gianni, Stephan, Hendrik, Simone, Oli, Dirk, Dirk, Hermann, Matthias, Rosi, Meike, Jan, u.v.m.

„Schön, dass Ihr dabei ward!“

Die Namen der vier, fünf Läufer_innen, mit denen ich weite Teile des Halbmarathons gemeinsam gelaufen bin, kenne ich nicht. Ihr ward auch super.

„Hey, Unbekannter, wir haben die 1:45:00 geknackt!“

Wirklich verrückt war auch das Wetter. Am Freitag Dauerregen, Ostersamstag Sonne ohne Ende, Am Sonntag wieder Regen.

6. Großartig, wenn ein Plan funktioniert

Ich habe die 1:45:39 von 2004 geknackt. Im Finish 2016 war ich mit 1:43:05.

Ich hatte ja auch einen hervorragenden Trainingsplan für 10 Wochen und an diesen habe ich mich bedingungslos gehalten. Nagut, einmal habe ich zwei aufeinanderfolgende Tage miteinander getauscht. Aber sonst: Der Plan war Chef, und ich tat, wie mir befohlen.

Drei Jahre regelmäßiges Laufen lagen hinter mir und so war ich in bester Form, brachte prima Voraussetzungen für einen Typen Ende Vierzig mit. Ich laufe so gerne, dass es keinen Tag gab, an dem ich den Plan verfluchte oder mir die Lust fehlte, mein Pensum zu erfüllen. Es machte immer Spaß. Ja, auch die Pausentage.

Und so kam es ja auch zu dem für mich grandiosen Erfolg in Salzkotten 7 Tage vor dem Osterlauf.

Wenn du so im Training steckst, wird das unweigerlich immer wieder mal zum Gesprächsthema, und jeder, der dir wohlgesonnen ist, wünscht dir nur das eine:

„Jetzt nur nicht krank werden!“

Dann kam es mir hoch.

Am Samstagabend nach dem Lauf in Salzkotten habe ich noch gebratenes Gemüse verschlungen, am darauffolgenden Sonntag habe ich mir 8 Kilometer lang die Anstrengungen des Vortages aus den Muskeln gejoggt. Abends dann ab in die Wanne. Anschließend hat es noch für zwei Stunden Weltretten Playstation gereicht, dann war es vorbei mit Verdauung, so wie wir sie gern haben.

Noch sechs Tage bis Ostern, noch zwei kurze Läufe im Trainingsplan. Ich bin krank.

Was soll ich sagen: Ich habe fast nur noch geschlafen. Mittwochs dachte ich, ich hätte es überstanden, Brühe, Tee und ein wenig Cola hätten ihren Job gemacht. Die Nacht auf den Donnerstag widersprach dem aber erneut eindrucksvoll.

Noch 2 Tage und ein halber bis zum Start.

Im Laufe des Donnerstags habe ich mich dann tatsächlich gefangen, fast alles schmeckte wieder ganz gut, also alles außer Kaffee und alkoholfreies Hefeweizen. Der Glaube kam zurück. Der Glaube an den Osterlauf, nicht der andere.

Am Freitag Morgen stand ich auf und beschloss, wieder zu Laufen.

Axel freute sich mit mir und ich durfte 20 bis 30 Minuten locker los. Jippie! Die Beine waren wirklich schwer geworden. Oh je!

Der Tag davor - morgens der erste Lauf nach kurzer Magen-Darm-Pause, abends die letzten Tipps vom Trainer abgeholt
Der Tag davor: am Nachmittag der erste Lauf nach Magen-Darm-Pause und dann abends die letzten Tipps vom Trainer abgeholt – inkl. Fotobombe vom Osterlauf-Chef persönlich

Am Abend habe ich mich dann mit Sandra auf die Pasta-Party gewagt, dort viel mehr leckere Leute getroffen als Nudeln gegessen und endlich wieder ein alkoholfreies Hefeweizen genossen. Vorsichtig.

Axel war auch da und verordnete mir, am kommenden Tag noch einmal 10 bis 15 Minuten zu laufen. Früh morgens am Tag des Paderborner Osterlauf 2016.

Dieser letzte, kurze Lauf lag bereits hinter mir, als wir uns am Samstag endlich zum Osterlauf aufmachten. Um 11:05 war der erste Start für uns. Wie im Vorjahr hatte unser Junior Lust, 5 Kilometer durch die Paderborner Straßen zu laufen. Super Typ.

Der „Kurze“ trabt locker und cool ins Ziel und hat sein Ding gemacht. Herz geht auf.

Die Kids haben anschließend besseres vor. Ab Mittag sind Sandra und ich nur noch zu zweit. Noch drei Stunden bis zum gemeinsamen Start. Um 15:00 Uhr startet der Halbmarathon. Ich hatte einen Plan.

Und mein Plan funktionierte.

7. Wir sind ein Marathon

Einen frühen, klitzekleinen Lauf hatte ich also schon hinter mir. Wir waren seit drei Stunden auf den Füßen und der Start für unseren Lauf lag noch drei Stunden vor uns.

Gemeinsam sind wir ein Marathon. Fragen?
Gemeinsam sind wir ein Marathon. Fragen?

Die Zeit verbrachten wir im Osterlauf-Park, zwischen all den anderen. Die Atmosphäre ist einzigartig: Osterlauf ist nur einmal im Jahr. Gut versorgt waren wir auch. Erfreulicherweise waren wir Gäste im VIP-Zelt und so mangelte es uns nicht an stillem Wasser und Cola. Mein Auto stand nur wenige Laufmeter entfernt am Rande des Geschehens. Es war vollgepackt mit Klamotten und Equipment, damit hätten Sandra und ich locker die Hunger Games gewonnen. Also ich, denn ich kann besser mit Pfeil und Bogen umgehen. Als Spotttölpel eignen wir uns andererseits beide perfekt.

Die letzten Stunden vor dem Start sind nicht unwichtig. Anspannung, Entspannung, Ernährung, Ausscheidung, Warmlaufen, Konzentration, Lockermachen, Anziehen, Ausziehen, Aufladen, Ausrüsten und dann einmal noch Pipi machen. Also noch einmal.

Das geht da alles ganz gut, außer das mit der Ruhe. Dafür muss man sich schon rausziehen und aktiv auf die Socken machen. Habe ich nicht geschafft.

Wir waren gut vorbereitet, doch besser geht immer: Nächstes Jahr nehme ich einen Camping-Stuhl mit. In der Tat habe ich die ganze Zeit nicht einmal gesessen und es ist bestimmt nicht gut, vor einem Halbmarathon 5, 6, 7 Stunden auf den Beinen zu sein. In der Tat würden es später auch mein Rücken und meine Beine sein, die mir beim Lauf signalisierten, dass ich am Limit lief. Luft und Kreislauf würden rundum im grünen Bereich bleiben.

15:00 Uhr: Start des Halbmarathon

Dort gehen wir (noch) gemeinsam hin. Sandra läuft etwas langsamer als ich. Außerdem gehört sie in die Schublade derer, denen es egal ist, mit welcher Zeit sie das Ziel erreichen. Das kann man auch sehr gut auf dem Foto unten erkennen, auf dem sie auf den allerletzten Metern ihre Zielzeit erblickt. Ist ihr egal.

Wir stehen ganz hinten im Starterfeld. Ich wünsche Sandra viel Spaß und gehe weiter nach vorne. Mit einer ambitionierten Zielzeit zu starten und sich dann anfangs durch Hunderte von anderen Läufern arbeiten zu müssen, das wäre doof.

Großes Glück: Plötzlich bin ich ganz vorne. Der Halbmarathon wurde in zwei Startblöcke aufgeteilt. Die erste Hälfte ist bereits seit wenigen Augenblicken unterwegs. Die rennen schon. Ich stehe also ganz vorne im zweiten Block. Der Startschuss knallt pengt und ich habe zum ersten Mal bei einem Osterlauf freie Bahn. Großes Läuferglück.

Vom ersten Schritt an setze ich genau das um, was Coach Axel mir immer wieder gesagt hat:

„Geh‘ es bitte ruhig an!“

Die Strategie, die angeblich auch die Profiläufer derzeit wählen: Die erste Hälfte etwas schonen und dann in der zweiten Hälfte ran an die Reserven.

Ich mag Runtastic, aber nur für nachher. Ich weigere mich, mich mit Technologie auszustatten, die mir ständig berichtet, wie es um mich steht. So verlernt man, seinen Körper zu lesen. Lediglich meine Herzfrequenz, meinen Puls möchte ich im Blick haben. Der ist nach einigen hundert Metern knapp unter 160 und wird dort auch bleiben.

Erst beim 1-Kilometer-Schild weiß ich also, dass ich wieder zu schnell bin: 4:30 Minuten. Der stets flotte erste Kilometer. Angetrieben von der mitlaufenden Meute. Würde ich dieses Tempo halten, käme ich bei 1:35:00 ins Ziel, nicht bei 1:45:00.

Ich halte das Tempo noch für einen weiteren Kilometer, nehme mich dann aber etwas zurück und bleibe auf meinen Körper hörend bei ungefähr 4:50 Minuten je Kilometer. So erlaufe ich mir einen Puffer von knapp 2 Minuten auf der ersten Hälfte. Genau anders als gedacht. Vielleicht.

Es lief wie eine Nähmaschine: Konstanter Puls, nahezu konstante Pace. War da mehr drin?
Es lief wie ein Uhrwerk: konstanter Puls, nahezu konstante Pace. War da mehr drin?

Der Halbmarathon beim Paderborner Osterlauf ist so angelegt, dass wir genau zweimal die gleiche Runde laufen. Auf der Hälfte laufen wir bereits einmal durch den Start-Ziel-Bereich, wo uns unzählige Zuschauer für die zweite Runde anfeuern, anheizen.

Außerdem begegnet sich das Feld an zwei weiteren Stellen. Heißt: Die Strecke beinhaltet zwei größere Schleifen, und so kommen dir zweimal ganz viele Läufer entgegen. Genau genommen vier Mal.

Siegerpose Richtung Kamera, Augen Richtung Uhr und Füße Richtung Ziel - noch wenige Meter und es ist geschafft.
Siegerpose Richtung Kamera, Augen Richtung Uhr und Füße Richtung Ziel – noch wenige Meter und es ist geschafft.

Und wieder hatte ich Glück: Auf meinem achten Kilometer kam mir Sandra entgegen. Zuerst hörte ich sie nur laut rufen:

„Helge! Du schaffst das!“

Dann sah ich sie happy winken.

Was beflügelt mehr?

Ich lief weiter, hatte noch mehr als die Hälfte vor mir, meine Sandra fühlte ich klar hinter mir. Ich war da bereits total happy.

Danke, Schatz!

So kann es weiter gehen. Auf in die nächste Runde.

8. Walter, Walter, da läuft Walter!

Später im Ziel waren Sandra und ich zusammen ein Marathon. Danke für diesen Gedanken, Rainer.

Wir waren jedoch nicht der einzige Marathon beim Paderborner Osterlauf 2016. Seit wenigen Monaten bin ich Mitglied im Paderpiraten e.V., einem kleinen Verein von Läufern, die sich zusammen gefunden haben, um durch ihre Laufaktivitäten etwas für Kinder und Familien in Not zu tun: www.paderpiraten.de

Und Ralf hat es Ostersamstag tatsächlich geschafft, die 5 Kilometer, 10 Kilometer und die 21 Kilometer zu laufen. Dann ist er zwischendrin noch 6,5 Kilometer auf dem Laufband gelaufen und hatte den Marathon voll. Alles für die Kids.

Ralf (6543) ist soweit ich weiß der einzige, der Ostersamstag die Marathon-Distanz gelaufen ist.
Ralf (6543) ist soweit ich weiß der einzige, der Ostersamstag die Marathon-Distanz gelaufen ist.

Aber egal, ob 5, 10, 21 Kilometer, egal ob in Laufschuhen, Rollschuhen, Rollstühlen, jeder auf der Strecke genießt die tragenden Rufe und den Rückenwind gebenden Applaus der Fans, Freunde und Fremden am Rand.

Wenn du fast 2 Stunden unterwegs bist, dann ist das schon laufend anstrengend. Andererseits hast Du Zeit, viel Zeit. Der Kopf hat wenig zu tun, außer dich daran zu erinnern, nicht aufzugeben und niemanden in die Hacken zu treten. Die paar Kurven schafft man intuitiv.

Viele empfinden das als viel zu langweilig und lassen das mit dem Laufen dann lieber ganz sein. Ich genieße das total und nutze die Zeit oft, um das Hirn zu ordnen und zu entwirren. Anderenzeits übernimmt auch mal meine kreative Gehirnhälfte das Kommando und ich löse Knoten oder spinne Dinge.

Beim Osterlauf und anderen Volksläufen bin ich da schon eher fokussiert, laufe im kuscheligen Tunnel zwischen den Zuschauerreihen. Im Rhythmus der Euphonie der vielen Füße um mich herum.

Das einzige Geräusch, dass du beim Laufen nicht hörst, ist das deiner eigenen Füße.

Das ist ein Teppich. Das Grundrauschen.

Zwei Mädchen haben einen POWER-UP-Pilz von Super Mario auf ein Plakat gemalt. Das klatsche ich ab und habe für die nächsten Meter Superkräfte.
Zwei junge Frauen haben einen Power-Up-Pilz von Super Mario auf ein Plakat gemalt. Das klatsche ich natürlich ab und habe somit für die nächsten Meter Superkräfte.

Dies wird allerdings immer wieder unterbrochen ergänzt. Und zwar von unendlich vielen gerufenen Namen. Vermutlich steht fast jeder Zuschauer am Rand, weil unter den Tausenden Läufern_innen genau eine_r ist, für den sie gekommen sind. Für wenige Sekunden, wenn diese vorbeiflitzen. Für den Fall, dass man sie oder ihn überhaupt früh genug erblickt. Am Rand zu stehen und Ewigkeiten auf die eine oder den einen zu warten, während unzählige, bunte, andere vorbeiziehen, ist auch nicht ohne.

Das ist „Wo ist Walter?“ für Große. Und dann ist Walter auch schon wieder weg.

Als Läufer ist das anderrum. Plötzlich hörst du eine Stimme rufen:

„Stefan! Stefan!“

Das sollte dich beim Osterlauf nicht überraschen, meistens überrascht es dich. Du hast oft nur ganz kurz Zeit, um herauszufinden, wer das war. Oder anschließend ganz viel Zeit, die Stimmanalyse zu starten und zu grübeln.

Der Vorteil beim Halbmarathon ist die doppelte Runde. Da kannst du dann die zweite Runde für die Recherche nutzen. Oder sogar mal Abklatschen.

Wenn dann unter den Zuschauern plötzlich und unerwartet Familienmitglieder, gute Freunde, alte Freunde stehen und dich mit Herz und Hand anheizen, dann wird der Teppich unter dir für einige Meter sogar zur Rutschbahn und du gleitest anstatt laufen zu müssen.

Wir sind in Resonanz. Einer läuft, einer feuert an. Das macht nur zusammen Sinn.

Jeder läuft für sich, aber keiner läuft alleine.

Ist das nicht schön?

9. Ein Versprecher am Ende

Es gibt so viele tolle Dinge, die man tun kann. Das, was ich Ostersamstag gemacht habe, gehört ganz klar zu den Dingen, die mir keiner mehr nehmen kann, gehört ganz klar zu den Dingen, die mit nichts anderem zu vergleichen sind. Das ist mit nichts anderem zu vergleichen. Schaut in die Gesichter der Läufer auf der Ziellinie. Das stimmt.

Wie eine Laufmaschine verbrachte ich 103 Minuten auf der Strecke. Ich habe ein wenig auf meinen Puls geachtet und ansonsten auf meinen Körper gehorcht. Limitiert wurde mein Tempo durch meine Beine. Atem, Herz-Kreislauf und alles andere war tiefenentspannt. Puls immer zwischen 155 und 160. Sowohl die fünf Tage Magen-Darm-Schlaf als auch das stundenlange, zu lange Stehen vor dem Start hatten meine Beine vermutlich etwas müde gemacht. Müder als den Rest von mir.

Auf den letzten 500 Metern reichte es noch, um noch ein wenig zuzulegen und noch ein paar Läufer einzufangen, die ihren Endspurt zu früh angegangen waren. Ein Klassiker.

Der letzte Kilometer beim Paderborner Osterlauf ist großartig. Immer mehr Menschen rechts und links. Immer mehr. Dann die letzte Kurve, das Ziel in Sichtweite. Immer mehr. Immer lauter. Noch 200, 300 Meter und es ist geschafft.

Und dann war ich mit 1:43:05 im Ziel. 2 Minuten früher als geplant.

Ende der Hoffnung. Es wurde Wahrheit.

1 Stunde 43 Minuten 18 Sekunden - Das Ziel ist erreicht.
1 Stunde 43 Minuten 5 Sekunden – Das Ziel ist erreicht.

Oft ist es der Triumph, der dann die Gemütslage bestimmt. In dir findet eine große Party statt und trotzt der erschöpften Beine würdest du am liebsten hüpfen, springen und tanzen. Oft schreist du dir den Jubel aus der Seele und fühlst dich wie der eigentliche Sieger des Wettbewerbs. Viele weinen vor wortwörtlicher Begeisterung über sich selbst, wenn körperliche Erschöpfung und mentales Feuerwerk zusammentreffen. Du hast es tatsächlich geschafft, wie auch immer!?

Dieses Mal ging es mir bemerkenswert anders. Ein einzelner lauter Kampfschrei auf der Zielgeraden und dann war ich ganz ruhig. Innen wie außen. Das Uhrwerk lief. Die Laufmaschine funktionierte. Der Plan ging auf. Das war alles. Das genügte. Das war groß genug. Geschafft.

Ich genoss noch ein paar Augenblicke im Zielbereich, schaute den anderen zu, wie sie die letzten Meter bezwangen und klatschte zwei, drei unbekannte Wegbegleiter der letzten Meter ab. Geschafft.

Ganz zu Anfang war ich einige Zeit neben einem jungen Kerl gelaufen, der mir verraten hatte, ebenfalls die 1:45:00 knacken zu wollen. Ungefähr bei Kilometer 5 hatte ich ihn ziehen lassen. Auf keinen Fall hatte ich wie in 2015 überreißen und später dafür bezahlen wollen. Er war noch längere Zeit in Sichtweite, bis er dann schließlich nach vorne verschwunden war.

Hätte ich dieses Tempo der ersten Hälfte gehalten, wäre ich bei 1:41:00 ins Ziel gekommen. Aber das Vorjahr hatte mich Demut gelehrt und ich blieb vorsichtig. Vielleicht wäre mit mehr Kampf mehr drin gewesen, aber dass musste nicht sein. Vor allen Dingen nach diesen letzten Tagen vor dem Lauf.

Im Zielbereich sog ich also die Stimmung  in mir auf. Nun kam auch der junge Kerl über die Linie, mit dem ich zu Anfang gelaufen war. Irgendwie, irgendwo, irgendwann war ich an ihm vorbeigezogen. Unbemerkt. Auch er hat die 1:45:00 satt geknackt. Wir klatschten ab.

Alle kamen an. Alle waren platt. Alle waren happy.

Ich nahm meine Medaille in Empfang und machte mich auf die Suche nach Axel. Nicht zu finden. Also auf zur Zielgeraden und auf Sandra warten. Da sein, wenn sie die finale Kurve nimmt und ihr Ziel erreicht.

Sie kam, strahlte und siegte.

Wir wurden ein Marathon.

Auf der Suche nach meinem ersten Bier seit dem 1. Januar trafen wir Axel, der mich natürlich nach meiner Zeit fragte. Stolz und dankbar ließ ich ihn wissen:

„1:43:05, Trainer!“

Und was sagt der Halunke darauf? Axel sagt:

„Ach. Egal.“

Dann sieht er mein verblüfftes Gesicht.

Auflösung: Nach meinem Testlauf in Salzkotten hatte Axel sogar eine 1:40:00 für gut möglich gehalten. Meine letzten Tage im Bett hatte er kurz verdrängt, genauso mein eigentliches Ziel und schon war ich 3 Minuten zu langsam.

Da Axel aber auch erstmalig der aufgeregte, offizielle Betreuer der Top-Athlethen des Paderborner Osterlaufs war, sei ihm sein fröhlicher Ehrgeiz verziehen. Selbstverständlich waren wir uns innerhalb von Millisekunden einig, dass ich natürlich 2 Minuten zu schnell war.

Mal sehen, wer von uns beiden länger braucht, um diesen Versprecher zu verdauen.

10. Das Danach und das Dahinter

Sandra hat noch ein laufendes Projekt. Ihr Osterlauf war nur einer von 100. Wie in 2014 macht sie derzeit jeden Tag Sport. 100 Tage lang. Ein paar Tage muss darf sie noch.

Für mich gibt es nun nichts mehr zu tun.

Natürlich könnte ich 2017 die 1:40:00 angreifen, vielleicht sogar mal an einen Marathon denken. Oder ich könnte mich darüber freuen, dass gestern mein ganz frischer Wunsch in Erfüllung gegangen ist und ich über mehrere Ecken doch noch an einen Startplatz für den Hermannslauf gekommen bin. Das wäre dann am 24. April mein erster Volkslauf über eine Distanz über den Halbmarathon hinaus. Und über viele Höhenmeter.

Was soll ich mir einen vormachen:

Ich stecke mitten drin.

Irgendwo zwischen Kilometer 11 und Kilometer 12 laufe ich Ostersamstag neben einer Läuferin, die die vielen uns entgegenkommenden Läufer ungefähr so kommentiert: „Oh je, die kommen uns alle schon wieder entgegen. Und wir rennen noch hier hinten rum.“

Tatsächlich sind viele andere weiter vorne, schneller als wir. Ich antworte ihr: „Das stimmt. Aber gleich sind wir auf der anderen Seite. Und dann kommen noch ganz viele, die hinter uns laufen und über uns das das gleiche denken.“

In jedem Moment, mit jedem Schritt, das Ziel nur in den Gedanken.
In jedem Moment, mit jedem Schritt, das Ziel nur in den Gedanken.

Wir stecken mitten drin.

Manchmal gucken wir nach vorne. manchmal gucken wir nach hinten.

Meistens aber, wenn ich laufe, gucke ich nur auf meine Füße.

Und dann mache ich einen Schritt nach dem anderen.

Die Richtung stimmt.


Tatsächlich hat sich das Schreiben dieses Blogbeitrags nun über 5 Tage hingezogen, über einige Tipp-Etappen erstreckt und hat doch viele Stunden gedauert. Ist ja auch üppig geworden. Umso mehr würde ich mich über Feedback und Teilen freuen.

Die Bilder habe ich entweder selbst gemacht oder sie mit freundlicher Genehmigung von www.laufpix.de und Markus Freise verwendet.

7 Kommentare

  • Hallo Stefan,

    schöner Bericht! Da macht das Lesen Spaß! Die verschiedenen Phasen kann ich aufgrund eigener Erfahrungen sehr gut nachvollziehen. Die hast du wirklich gut beschrieben.
    Ich selbst habe mir noch einige Ziele für das Frühjahr gesetzt. Halbmarathon, Hermannslauf, Strongman Run…im Herbst dann der volle Marathon. Mal sehen, was so geht ;-)

    Gruß

  • Super Stefan!!! Echt Toll. Laufen – genau so ist es!!! :-)

  • Hi, schön beschrieben. Was mir so auffällt: Deine Fußstellung ist aber echt, nun ja, speziell.

  • Wahnsinnig starker und emotionaler Beitrag :) An dieser Stelle auch noch einmal herzlichen Glückwunsch! Ganz, ganz stark! Gerade bereue ich sehr, dass ich dieses Jahr nicht mit an oder sogar auf der Strecke war ;)

    Hut ab!

  • Kommt mal runter. Jeder, der zwei beine hat und zeit und einen bmi unter 25 kann 5min/km laufen.
    Auch 60km

  • Ja, die Fotos meiner schiefen Füße erschrecken mich auch immer wieder. Beim Laufen fühlt es sich immer so geordnet an. ;)

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